Dienstag, 28. Mai 2013

Mit Kompetenz over the Jordan walken

Ich mache mir Sorgen, Sorgen um die deutsche Wirtschaft. Gut, die brummt zwar gerade aber sowas von - zumindest solange die Roten keinen Mindestlohn durchsetzen. Aber auch ohne Mindestlohn mache ich  mir Sorgen um die Zukunft. Angefangen hat es mit Prof. Dr. Jack Nasher. Der unterrichtet an der Munich Business School "Leadership and Organizational Behavior", was erheblich sexier klingt als das klassisch deutsche "Führertum und Sklavenhaltung" an der "Münchener Geschäftsschule". Und Prof. Nasher darf bei Focus Online eine Kolumne vollschreiben. Und darin findet man dann Weisheiten wie diese:
Angenommen, sie wollen als Kunde in einer Verkaufsverhandlung den Preis drücken. Dann zeigen sie dem Anbieter besser nur die günstigsten Angebote, die seine Konkurrenz ihnen gemacht hat, nicht die teuersten.

Hammer, wa? Jaja, mit sowas kann man bei Focus Online Kolumnen füllen! Fast noch besser fand ich Herrn Nashers Hinweis, am besten würde man eine Dienstleistung ja erst bezahlen, nachdem sie zur Zufriedenheit ausgeführt wurde!

Nun war ich ja bisher zur Annahme bereit, Professor Nasher sei jung und brauche das Geld, und nur deshalb sei es ihm nicht peinlich, wirtschaftswissenschaftliche Einsichten auf dem intellektuellen Niveau eines Chris de Burgh-Songs aus den Achtzigern rauszuhauen. Heute aber habe ich eine Pressemitteilung der European School for Management and Technology (ESMT) in Berlin gesehen. Und die haben in einer offenbar irre komplizierten Studie Menschen vor dem CL-Finale Dortmund - Bayern über den Ausgang spekulieren lassen. Und siehe da, die Vorhersagen der Befragten sind nach statistischer Analyse mit dem tatsächlichen Ausgang 1:2 verträglich. Und das heißt laut der ESMT, die "Schwarmintelligenz" hat den Ausgang der CL richtig vorhergesagt!
Nun glaube ich ja nicht einmal, daß sowas wie "Schwarmintelligenz" überhaupt existiert. Bestenfalls trösten sich Menschen, die doof wie Torf sind, mit der Vorstellung, wenigstens in der Masse könne ihnen ein Licht aufgehen. Die Fortexistenz der FDP ist der traurige Beweis, daß dem nicht so ist. Viel schlimmer ist aber noch was anderes. Jemand, der die Vorhersage "Dortmund - Bayern, das könnte 1:2 ausgehen" für eine Manifestation von Intelligenz hält, der hat offenbar so geringe Anforderungen an den Begriff Intelligenz, daß ihm ein Chris de Burgh-Song tatsächlich wie eine intellektuelle Offenbarung vorkommen muß!

Was also, wenn sich die ganzen Superduper-Business-Hyperschulen nicht nur dumm stellen, sondern wirklich die geistigen Tiefflieger und Dünnbrettbohrer sind, als die sie erscheinen? Und wenn der wirtschaftliche Möchtegern-Elitennachwuchs mit Wirtschaftsweisheiten großgezogen wird, die meine selige Oma auch ohne Geili-geil-Abschluß beim Verwalten der Haushaltskasse in der leeren Kaffeedose als selbstverständlich voraussetzte? Und sich der Nachwuchs am Ende dennoch für solch hoch qualifizierte Kompetenzbolzen hält, daß er glaubt, all seine Millionen auch wirklich zu verdienen?

Ein erschreckender Gedanke, so kann es einfach nicht sein, so darf es einfach nicht sein! Wir würden uns doch niemals von plumpem Gefasel ohne jede Substanz blenden lassen! Das wäre einfach zu idiotisch, um wahr zu sein. Immerhin sind diese klugen Leute ja von (irgendwie internationalen) Business Schools! Nein, diesen Gedanken schiebe ich doch wieder weit, weit weg.
Aber trotzdem, irgendwo in meinem Hinterkopf singt eine gräßliche Stimme die ganze Zeit beunruhigend Don't pay the ferryman / Don't even fix a price / Don't pay the ferryman / Until he gets you to the other side...

11 Kommentare:

  1. Wenn Hyperschulabsolventen über Fußball sinnieren, kann das durchaus noch schiefer gehen:
    http://washierlosist.blogspot.de/2012/06/nicht-mal-bronze-fur-die.html

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    1. Boah! Da vertraue ich meine Vermögensverwaltung doch lieber weiterhin meiner Aquariumskrake an!

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  2. Rote Pille geschluckt?

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  3. Sexyer schreibt man sexier - und Chris de Burgh auch anders. Sorgfalt, Meister, Sorgfalt!

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  4. @Anonym: Ja, eigentlich bin ich ja nicht so ein metaphysischer Purist...

    @Torsten: Verdammt, da dachte ich, ich könnte mit einer Rechtschreibkorrektur punkten... In diesem Fall hat's mir die Autokorrektur aber versaut. Bei "sexyer" besteht die Rechtschreibhilfe allerdings auf "sexyer" statt "sexyer", und im Duden hab' ich's nicht gefunden...?

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    1. "Sexier" stimmt schon, Thorsten hat recht. (zum Vergleich: es schreibt sich ja auch "Sexiest" Man/Woman/Dingsbums Alive.)

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    2. Ja, im Englischen heisst es sicher "sexy" - 'sexier". Aber was ist denn mit eingedeutschten Worten? Der Duden bleibt da bei dem Grundsatz, solche Worte auch nach deutschen Regeln zu behandeln. Im Englischen ist es ein "baby", viele "babies", der Duden empfiehlt im Deutschen aber ein "Baby", viele "Babys". Hält man sich an diesen Geist, dann sollte man auch bei der Steigerung auf die englische Umwandlung von "y" in "i" verzichten und statt "sexier" bei "sexyer" bleiben?

      Ansonsten: Wen interessiert's im Grunde schon?

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    3. Die Spezis von der Duden-Redaktion haben sowieso einen an der Waffel, keine Ahnung was die dort rauchen. Wo das mit deren blödsinniger Eindeutschungsmanie hinführt, sieht man etwa am Crash oder am Flash: Mehrzahl nicht "crashes" oder "flashes", wie sinnigerweise im englischen Original, sondern eingedeutscht auf "Crashs", "Flashs" usw. Versuchen Sie mal, das auszusprechen. Eine Eindeutschung, die so dringend erforderlich war wie ein zweites Loch im Hintern. Weiß nicht, was sich die dabei denken.
      (und die Zeitungsdeppen schreiben den Blödsinn natürlich artig so ab, wie sichs gehört.
      » Es ist wahrhaft kein Schas zu blöd,
      dass er nicht in der Zeitung steht«
      wie Kollege M. Krassnig trefflich zu formulieren weiß.)
      Kein Wunder dass dem Duden, ehemals oberste Instanz für die Verbindlichkeit der dt. Rechtschreibung, diese mittlerweile aberkannt wurde, wenn die mit solchen Faxen daherkommen.

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    4. Also dieser Widerstandsgeist gegen offizielle Rechtschreibautoritäten ist mir ja grundsympathisch! Ok, ich ändere es in "sexyer".

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  5. Wenn Mami und Papi einen Haufen Geld zahlen, damit der kleine Jack auf einer tollen Privatschule/-uni, die einen wichtig klingenden englischen Namen hat, Intelligenz zertifiziert kriegt, tut die Schule/Uni gut daran, Jacks Intellekt nicht zu überfordern.
    Das Niveau also immer schön niedrig halten, sonst haben Mami und Papi keine Lust mehr auch seine kleine Schwester, die Cheyenne-Synthia, bei der Einrichtung abzugeben.

    Heutzutage hat man doch auch nicht mehr den Anspruch die Gesellschaft voranzubringen, sondern nur sich selbst. Und das scheint ja auch ganz gut zu funktionieren, wenn man mit solch "sensationellen wirtschaftswisschenschaftlichen Erkenntnissen" eine Plattform in den Medien geboten kriegt.

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  6. Passt schon. Das ist genau das Niveau dessen, was Vorstände großer Firmen so von sich geben zu Themen wie Betriebsorganisation oder Mitarbeiterführung und -motivation. Das Gewäsch lässt sich in den meisten Fällen nach den von Dir formulierten Regeln rückabwickeln, und oft kommt am Ende nicht einmal eine Binsenweisheit als Kernaussage heraus, sondern unverdünnte heiße Luft oder die Wichsvorlagen der jeweiligen Beratungsfirma, von denen sich die hohen Herren coachen lassen.

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