"Ehe und Familie sind die großen Stabilisatoren der Evolution."Mit dieser Eröffnung seines Gastbeitrags für die Süddeutsche will uns Norbert Blüm nicht etwa mitteilen, die Quastenflosser würden sich seit Millionen von Jahren dem Eheleben hingeben. Mit diesem kryptischen Satz von der Familie als Stabilisator der "Evolution", sprich der Veränderung, des Wandels, will der 77-jährige Autor nur sagen, daß er Angst hat. Angst vor der Veränderung, vor der Welt, vor dem Leben. Und an dieser Stelle werde ich traurig. Denn egal ob Günter Grass oder Norbert Blüm, offenbar bringt die Süddeutsche einfach nicht den Anstand auf, von Alterssenilität heimgesuchte Männer vor sich selbst zu schützen. Und so darf Herr Blüm in recht losen Gedanken ausgiebig vor sich hin fantasieren. Von Hitlers Plänen, die Familie zu eliminieren. Davon, daß Menschen, die außerhalb einer unauflösbaren, heterosexuellen Zweipersonenehe Kinder in die Welt setzten, genauso gut "künstliche Menschen" erschaffen würden. Davon, daß Menschen, die ihre Kinder in einen Kindergarten oder Ganztagsschule geben, diese unmöglich wirklich lieben könnten. Und so fort.
Am erstaunlichsten an Blüms Text ist aber: Wieso meint er eigentlich, die Institution Familie, die, wie er schreibt, allen Naturkatastrophen und noch so intensiven "Frontalangriffen" von Robespierre bis Stalin standgehalten hätte, ausgerechnet vor der "Unterminierung von heute", durch Ganztagsschulen etwa, verteidigen zu müssen? Herr Blüm tut, was auch Bischöfe, ja gealterte Konservative jeder Couleur tun zu müssen glauben: Das aufgrund göttlichen Beschluß' und die Kräfte der menschlichen Natur Unumstößliche vor dem Umstoßen zu bewahren.
Wenn schon nicht Norbert Blüm, so hätte die ganze Absurdität dieses scheußlichen Texts wenigstens bei der Süddeutschen jemandem auffallen können...
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