Dienstag, 23. Juli 2013

Gott sei Dank - wir sind die Guten!

In Deutschland kann bis zu drei Jahre ins Gefängnis wandern, wer "den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören" (§ 166 Stgb). Manch einem in der Union, darunter Volker Kauder, ist dieses Gesetz allerdings zu lasch. So setzten sich Unionspolitiker schon im Jahre 2000 dafür ein, die Einschränkung mit diesem "öffentlichen Frieden" ersatzlos zu streichen (→ der damalige Gesetzentwurf):
"Strafbar soll daher künftig sein, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer beschimpft."
Dieser Gesetzentwurf scheiterte damals zwar an der rot-grünen Mehrheit, letztes Jahr zogen ihn aber wieder einige Unionspolitiker um den stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Johannes Singhammer, hervor.

Heute dann kamen ganz andere Töne aus der Unionsfraktion - die Forderung nach der Abschaffung des Blasphemiegesetzes! Allerdings nicht in Deutschland. Sondern in Pakistan. Volker Kauder sagte:
"Die dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechenden Blasphemiegesetze müssen schnellstmöglich aus den Gesetzbüchern des Landes [Pakistan] gestrichen werden."
In Deutschland verschärfen, in Pakistan abschaffen - so geht kohärente Politik! Aber immerhin, in Pakistan kann man für das Beschimpfen religiöser Bekenntnisse nicht nur zu drei Jahren Haft verurteilt werden, sondern auch zum Tode. Mit der geforderten Abschaffung wird es aber sobald doch nichts werden. Der pakistanische Minister für nationale Harmonie meinte nämlich:
"In unserer Gesellschaft wäre der Kampf für die Abschaffung des Gesetztes überhaupt nicht möglich. Der Widerstand wäre viel zu groß."
Und das sollten die Herrschaften der Unionsfraktion im Bundestag nur zu gut nachvollziehen können. Schließlich sind sie selbst im entschlossenen Widerstand gegen die Abschaffung des dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechenden deutschen Blasphemiegesetzes!

Samstag, 20. Juli 2013

Der falsche Feind meines Feindes

Alexej Navalny auf einer
Kundgebung der
rechtsextremen
"Nationalbolschewistischen
Partei Russlands".
(Quelle: drug-goy)
In den letzten Tagen hört und liest man viel über den russischen Blogger, Antikorruptionskämpfer und "Kremlkritiker" Alexej Navalny. Als "unliebsamer Regierungskritiker" (SpOn)  solle er durch eine Verurteilung wegen Veruntreuung "mundtot gemacht werden". Manche Medienberichte steigern sich geradezu ins Hymnische, wie z.B.:
"'Navalny, Navalny!': Unter ohrenbetäubendem Jubel Hunderter Anhänger steigt der Kremlgegner Alexej Navalny nach seiner vorläufigen Freilassung in Moskau mit geballter Faust aus dem Zug. Lauter Beifall brandet auf, Wartende strecken dem 37-Jährigen Navalny und seiner Frau auf dem Jaroslawski-Bahnhof Blumen entgegen. Die Rückkehr am Samstag aus dem Gerichtsort Kirow gerät für den bekannten Blogger zum Triumphzug." 
Doch was in all den Berichten schmerzlich zu kurz kommt, ist eine Einordnung der politischen Gedankenwelt des attraktiven, kämpferischen jungen Mannes. Jedenfalls eine Einordnung, die über ein dumpfes irgendwie gegen Putin sein hinausgeht. Doch seine Gedankenwelt hat es durchaus in sich...
DWüdW aber hat ihre Freunde überall. So bietet die DWüdW-Russlandredaktion* eine kleine Übersicht:

Man könnte da etwa mit diesem bizarren, von Herrn Navalny auf YouTube eingestellten Video beginnen, das zu einer Kampagne für die Liberalisierung des Waffenrechts in Russland gehört. Die Botschaft: Wenn Ungeziefer ins Haus kommt, hat man eine Fliegenklatsche. Wenn die Karikatur eines kaukasischen Terroristen ins Haus kommt, sollte man eine Pistole zur Hand haben:


Ein anderes interessantes Video des Herrn Navalny ist z.B. dieses. Es zeigt den Teilnehmer einer Demonstration beim Erklären der Unzufriedenheit des russischen Volkes mit der Politik.


Den Kontext dieser Äußerungen erkennt der Betrachter, wenn er einen Blick auf das Fahnenmeer im Hintergrund wirft. Offenbar handelt es sich um eine frühere Kundgebung der inzwischen verbotenen (aber immer noch aktiven) rechtsextremen Nationalbolschewistischen Partei Russlands. Und damit sind wir endgültig im geistigen Umfeld Alexej Navalnys angekommen.
Nehmen wir noch ein Interview, das er dem russischen Onlinemagazin Lenta.ru gab. Das Interview ist schon etwas älter, vom November 2011. Da es aber immer noch auf Herrn Navalnys Blog verlinkt ist, scheint er weiterhin dazu zu stehen. Anlass des Interviews war die Tätigkeit Navalnys im Organisationskomitee des "Russischen Marschs". Der "Russische Marsch" ist eine jährliche Protestveranstaltung russischer Ultranationalisten. Das Interview ist ziemlich umfangreich, wir picken daher nur ein paar Stellen mit deutscher Übersetzung heraus:
Лента.ру: Алексей, зачем ты идешь на "Русский марш"?
Алексей Навальный: Я иду на "Русский марш" уже четвертый раз, и каждый год мне задают этот достаточно странный вопрос. Каждый год я подробно объясняю, что у меня достаточно простая позиция: есть некие политические факты, или просто факты: вот есть солнце, вот есть небо, Волга впадает в Каспийское море, хипстеры любят носить очки в пластмассовой оправе, а в России существует "Русский марш".
Lenta.ru: Alexej, warum gehst Du zum „Russischen Marsch“?

Alexej Navalny: "Ich gehe zum „Russischen Marsch“ bereits zum vierten Mal, und jedes Jahr stellt man mir diese ziemlich merkwürdige Frage. Jedes Jahr erkläre ich ausführlich, dass ich eine ziemlich einfache Position vertrete. Es gibt gewisse politische Fakten oder einfach so Fakten: Es gibt die Sonne, es gibt den Himmel, die Wolga fließt ins Kaspische Meer, und in Russland gibt es den „Russischen Marsch“. "
Лента.ру: В чем смысл шествия русских? Зачем оно вообще нужно?
Алексей Навальный: "Русский марш" появился в результате эволюции националистического движения в России. Я считаю динамику этой эволюции совершенно положительной и позитивной...
Lenta.ru: Wo liegt der Sinn des Demonstrationszuges der Russen? Wozu braucht man ihn überhaupt? 

Alexej Navalny: "Der „Russische Marsch“ ist als Ergebnis der Evolution der nationalistischen Bewegung entstanden. Ich finde die Dynamik dieser Evolution absolut positiv..."
Лента.ру: Считаешь, что нужно вводить визовый режим со странами Средней Азии?
Алексей Навальный: Да. И я не вижу в этом предложении ничего радикального. Американцы голосовали за стену с Мексикой. Обама голосовал за строительство стены с Мексикой. А мы боимся визовый въезд вводить.
Lenta.ru: Bist Du der Meinung, dass man Einreise mit Visa mit den Ländern des Zentralasiens [d.h. den früheren zentralasiatischen Sowjetrepubliken] einführen sollte?

Alexej Navalny: "Ja. Ich sehe in diesem Vorschlag nichts Radikales. Die Amerikaner haben für die Mauer zu Mexiko gestimmt. Obama hat für den Bau der Mauer mit Mexiko gestimmt. Und wir haben Angst, eine Visumpflicht einzuführen."
Лента.ру: Ты периодически приводишь в пример Ле Пена.
Алексей Навальный: Ле Пена я привожу в пример в качестве того, что существует вполне себе респектабельный и легальный политик в Европе, риторика которого, опять же, гораздо жестче, чем риторика ДПНИ по некоторым вопросам. И ничего во Франции не случилось от этого ужасного.
Lenta.ru:  Du bringst von Zeit zu Zeit [den französischen Rechtspopulisten Jean-Marie] Le Pen als Beispiel.

Alexej Navalny: "Ich bringe Le Pen als Beispiel dessen, dass es einen respektablen und legalen Politiker in Europa gibt, dessen Rhetorik, wieder mal, viel härter ist als die Rhetorik der DPNI [→ die rechtsextreme und ca. ein halbes Jahr vor dem Interview verbotene russische "Bewegung gegen illegale Einwanderung"] in einigen Fragen. Nichts Schlimmes ist in Frankreich deswegen passiert."
Лента.ру: Ты считаешь его респектабельным?
Алексей Навальный: Извини меня, он легально существующий, он прошел во второй тур. Да, он респектабельный политик, конечно. За него голосует огромное количество людей, естественно. Он там реально существующий политик. Чего ж мне его не считать респектабельным?
Lenta.ru: Du hältst ihn für respektabel?

Alexej Navalny: "Entschuldige, er ist ein legaler Politiker, er hat es in die 2. Runde [der französischen Präsidentschaftswahlen] geschafft. Ja, er ist ein respektabler Politiker, natürlich. Für ihn stimmen Unmengen von Menschen, natürlich. Er ist dort [in Frankreich] ein real exisitierender [?] Politiker. Warum sollte ich ihn nicht für respektabel halten?"

Wer sich also versucht sieht, Herrn Navalny zum strahlenden Helden einer Opposition gegen ein undemokratisches System zu erheben, der möge sich doch an die Weisheit eines Funny van Dannen erinnern: "Auch lesbische schwarze Behinderte können ätzend sein". Und jemand, der den durchaus kritikwürdigen Kreml kritisiert, kann trotzdem ein rechtspopulistischer Nationalist sein, mit dem man wahrlich nicht auf ein Bier gehen möchte...

* Dieser Post entstand, nachdem eine russische Freundin sich
betrübt darüber gezeigt hatte, westliche Medien schrieben den
Falschen zum Helden der russischen Opposition hoch.
Mit besonderem Dank an P. aus B.!

Dienstag, 16. Juli 2013

Bin dann mal auf dem Weg nach Hongkong...

Was muß man da hören? Die NSA speichert Absender, Empfänger und Betreffzeile aller deutschen Emails?! Da fragt man sich doch plötzlich, wie es gelingen konnte, durch Absender, Empfänger und Betreffzeile von Emails fünf Terroranschläge bzw. Planungen von Terroranschlägen bzw. Überlegungen zur Planung von Terroranschlägen in Deutschland zu durchkreuzen! Das hat sich zumindest DWüdW gefragt und einen absoluten Scoop gelandet!
In einer arbeitssamen Nacht gelang es der DWüdW Security Agency, Abteilung "Freundaufklärung", sich in das Computersystem der NSA zu hacken! (Login: "edsnowden", dann auf "Passwort vergessen" klicken, die Antwort auf die Sicherheitsfrage zur Passwortwiederherstellung lautet "Caracas"). Und so verschaffte sich DWüdW Zugriff auf die gespeicherten Absender, Adressaten und Betreffzeilen jener Emails, die Ermittler auf die Spur von geplanten Terroranschlägen in Deutschland brachten!
Weltexklusiv und nur bei DWüdW - hier sind sie!
(Autor nach Niederschrift untergetaucht!)









Nachtrag (15:57):
Wow, die Jungs sind echt schnell! Kaum geschrieben, verrät die eigene kleine Spionagesoftware Google Analytics:

(USAISC - United States Army Information Systems Command)
;)

Montag, 15. Juli 2013

Metaphysik für Piloten

"In der Metaphysik, wenn man sie auch nur für eine bisher bloß versuchte, dennoch aber durch die Natur der menschlichen Vernunft unentbehrliche Wissenschaft ansieht, sollen synthetische Erkenntnisse a priori enthalten sein, und es ist ihr gar nicht darum zu thun, Begriffe, die wir uns a priori von Dingen machen, bloß zu zergliedern und dadurch analytisch zu erläutern, sondern wir wollen unsere Erkenntniß a priori erweitern, wozu wir uns solcher Grundsätze bedienen müssen, die über den gegebenen Begriff etwas hinzuthun, was in ihm nicht enthalten war, und durch synthetische Urtheile a priori wohl gar so weit hinausgehen, daß uns die Erfahrung selbst nicht so weit folgen kann, z. B. in dem Satze: die Welt muß einen ersten Anfang haben u. a. m.; und so besteht Metaphysik wenigstens ihrem Zwecke nach aus lauter synthetischen Sätzen a priori."
Immanuel Kant, KrV (B), Einleitung, V, 3

Alles klar? Nee? Dann formulieren wir es doch mal ein bisschen anders:

"Man sollte ein Flugzeug da landen, wo möglichst wenige Gebäude und viel freier Platz ist."
John Cox, "Flugexperte",
in der National Geographic-Dokumentation

(Mit Dank an M. aus T.!)

Samstag, 13. Juli 2013

Ne' Bombennummer

Immer wieder taucht diese Zahl unkommentiert auf, heute unter einem Interview mit Innenminister Friedrich im ZDF:
Durch die Überwachungsarbeit der NSA seien 45 Terroranschläge weltweit verhindert worden.
Das Überwachungsprogramm PRISM gibt es mindestens seit dem Jahr 2005. Und 45 vereitelte Anschläge in 8 Jahren, das ist doch eine schöne Bilanz, oder?
Wieviele terroristische Anschläge sind aber seit 2005 nicht verhindert worden? Das sagt einem jemand, der es wissen muß - Das amerikanische Nationale Terrorabwehrzentrum. In seinen Jahresberichten (erhältlich bis 2011) veröffentlicht es eine umfangreiche Statistik von Terrorakten weltweit. Die Zahlen für den Zeitraum 2005 bis 2011:

2011:
10 283 Terrorakte mit 12 533 Toten

2010:
11 604 Terrorakte mit 13 186 Toten

2009:
10 999 Terrorakte mit 14 971 Toten

2008:
11 770 Terrorakte mit 15 765 Toten

2007:
14 499 Terrorakte mit 22 685 Toten

2006:
11 153 Terrorakte mit 14 618 Toten

2005:
11 111 Terrorakte mit 14 602 Toten

Noch einmal die Summe zum auf der Netzhaut zergehen lassen:
Weltweit 81 419 ausgeführten Terrorakten (im Zeitraum 2005 bis 2011) stehen 45 vereitelte Terrorakte gegenüber.

Können wir jetzt bitte alle aufhören, uns dumm zu stellen und so zu tun, als ob es bei der globalen Überwachung um Terrorismus ginge?

Donnerstag, 11. Juli 2013

Blaue Flecken zählen...

Heute macht die Meldung die Runde, daß Astronomen erstmalig die Farbe eines Planeten außerhalb unseres eigenen Sonnensystems bestimmt haben. Und er ist blau! So wie die Erde, die ist ja auch blau! Oder wie es Focus Online über den Planeten, den Astronomen "im Universum entdeckt haben", formuliert:


Oder auch Zeit Online:


Und genau dann auch im Kölner Stadtanzeiger:


Und auch auf die Gefahr hin, jetzt ein klitzekleines bisschen pedantisch zu wirken: Er ist nicht der zweite blaue Planet!
Denn außer besagtem Planeten und der Erde ist auch der Planet Neptun in Echtfarben ganz eindeutig blau. Und auch Uranus geht farblich so Richtung blau-grün. Von den neun Planeten, deren Farbe man bisher kennt, sind also immerhin vier blau!
Offenbar ist das Blausein auch für Planeten ein keineswegs ungewöhnlicher Zustand...

Mittwoch, 10. Juli 2013

Die Wahrheit in Streifen

Jaaa, bestimmt hat sich schon so manch ein Leser ungeduldig gefragt, wann es hier denn endlich mal wieder weiter geht. Aber ich dachte mir, ich gönne mir mal ein paar ruhige Tage. Wenn's schon nicht für Urlaub langt, dann wenigstens ein bisschen Sofa liegen und Filme gucken... Angefangen hatte ich ja mit Das Bourne Ultimatum aus dem Jahr 2007, aber den Unsinn habe ich gleich wieder ausgeschaltet. Ich meine - ein amerikanischer Geheimdienst über wacht alle Mobiltelefonate in Europa und filtert automatisch nach Codeworten, um dann einen Profikiller auf Verdächtige anzusetzen! Unrealistischer geht's wohl kaum! Die schicken doch keinen Profikiller! Die schicken eine Drohne!
Also habe ich auf der Suche nach etwas Realitätsnähe zur Biene Maja gewechselt. Doch dabei bin ich auf den nächsten, unerhörten Skandal gestoßen!
Hier:
Und dann hier:

Fällt was auf? Dann noch ein Beispiel. Hier:

Und hier:

Eben! In einer Szene hat Maja einmal einen gelben Streifen am Hals und einen schwarzen an den Schultern, und dann wieder einen schwarzen Streifen am Hals und einen gelben an den Schultern! Und beim Willi ist es das Gleiche! Seit den Siebzigerjahren werden Kinder betrogen und für dumm verkauft, und niemand hat diesen Skandal jemals thematisiert! Niemand, bis heute...

Was heißt hier Es gibt wohl Schlimmeres? Im Am Ende wird der Majastreifenskandal und der Überwachungsskandal die gleichen Folgen haben - keine.
Und die Drohne, die ist auch im Majastreifenskandal schon angesetzt...: