Donnerstag, 27. Mai 2010

Es lebe das Künstliche!

Diese beiden Artikel waren heute bei Die Zeit online direkt nebeneinander zu finden: Und es sind diese Moment, die einem wieder vor Augen führen:
Wie man es auch dreht und wendet, wozu der menschliche Geist fähig ist, das ist allemal beeindruckend!

Montag, 24. Mai 2010

Fragen an den gläubigen Atheisten

Nach dem letzten kurzen und doch etwas emotionalen Post fühle ich mich veranlasst, noch ein paar sachlichere Argumente für meine Ablehnung des "gläubigen Atheismus" nachzureichen. Dabei geht es gerade um die Überschätzung der Wissenschaften, und insbesondere um das Problem, ob es Fragen gibt, die mit wissenschaftlichen Methoden nicht beantwortbar sind, und deren Beantwortung aber dennoch von Interesse für den Menschen ist.
Auf die Frage, ob es Probleme jenseits der wissenschaftlichen Beantwortbarkeit gibt, findet sich eine schnelle Antwort. Tatsächlich kann man mit gutem Grund annehmen, daß man Fragen jenseits der verwendeten Sprache, also etwa der Sprache der Physik, nicht sinnvoll stellen kann. Die Frage, ob es Elektronen wirklich gibt, ist eine solche Frage. Innerhalb der physikalischen Theorie kann man sinnvoll über Elektronen reden, und so kann man etwa Fragen nach ihren physikalischen Eigenschaften, etwa den Spin, sinnvoll diskutieren. Ob es sie aber in irgendeiner Weise "wirklich" gibt, dazu kann die Physik nichts sagen. Also ist die Frage für die Physik unbeantwortbar. Nicht zustimmen kann ich aber der Folgerung, daß diese Frage deshalb selber sinnlos ist. Es gibt durchaus Fragen, die jenseits einer Wissenschaft, die sich mit den betroffenen Entitäten auseinandersetzt, liegen, die aber doch in unterschiedlichem Maße in das Leben und gar in die Wissenschaft selber hinein wirken. Das will ich mit drei Beispielen veranschaulichen.

Erst einmal sei die Frage nach der Existenz der "Außenwelt" gstellt. Gibt es die Welt wirklich, oder existiert sie nur als Einbildung in meinen Gedanken? Diese Frage ist für die Erforschung der Welt wirklich unwichtig. Es gibt etwas, das ich erforschen kann, das nicht von meinem bewußten Wollen abhängt, und das auch noch Regeln zu folgen scheint. Also kann ich es wissenschaftlich erforschen. Das heißt aber nicht, daß ich die Frage nach der Wirklichkeit meines Forschungsgegenstandes nicht verstehe, oder daß sie mich nicht auf ganz unwissenschaftliche Weise interessieren würde. Und wenn wir ehrlich sind, dann sind wir in der Beantwortung dieser Frage seit den Meditationen des Descartes nicht wesentlich weiter gekommen. Nur der ontologische Gottesbeweis als möglicher Ausweg aus unserer Unwissenheit ist uns seitdem abhanden gekommen.
Die zweite Frage ist die nach der Existenz des Fremdpsychischen. Dies mag ein Teilaspekt der Frage nach der Außenwelt sein, aber hier sind die Folgen noch deutlicher. Tatsächlich kann ich nicht sicher wissen, ob ein anderer Mensch auch ein subjektives Erleben wie ich selber hat. Zwar kann ich eventuell feststellen, daß sei Gehirn funktioniert wie das meine, und daß es die gleichen Zustände aufweist wie mein eigenes, wenn ich ein bestimmtes Erlebnis habe. Doch ob es sich dabei nur um eine physikalische Ähnlichkeit handelt, oder ob dabei auch die selben subjektiven Erlebnisse gehören, das ist einer wissenschaftlichen Betrachtung unzugänglich. Nur die Fledermaus weiß eben, wie es sich anfühlt, eine Fledermaus zu sein. Natürlich ist es aus pragmatischer Sicht sinnvoll, anderen Menschen das gleiche innere Erleben wir mir selbst zuzugestehen. Denn ich muß ja mit ihnen interagieren, und ich kann ihre Handlungen am besten verstehen und vorhersagen, wenn ich annehme, daß auch sie eine Innenwelt haben. Wichtig wird dieser Punkt aber jenseits reiner Pragmatik, wenn ich ich entschließe, psychoanalytisch tätig zu werden um anderen Menschen zu helfen. Rein pragmatische Überlegungen reichen nicht als Begründung aus, eine psychoanalytische Praxis zu eröffnen. Denn die Motivation, anderen im Falle psychischer Leiden zu helfen, kann ich nur dann aufbringen, wenn ich wirklich glaube, daß andere Menschen genauso subjektives Leid verspüren können, wie ich selber. Ich mache in diesem Fall also eine Annahme, die über die wissenschaftlichen Theorien der Psychologie hinausweist.
Und die dritte und gravierendste Frage ist die nach der Existenz abstrakter Entitäten, etwa der unendlichen Mengen. Es macht einen großen Unterschied, ob ich einer unendlichen Menge eine Existenz zuspreche, also an aktuale Unendlichkeit glaube, oder nicht. Denn hier entwickelt sich der Unterschied zwischen der intuitionistischen und der formalistischen Mathematik. Und die beiden verschiedenen Annahmen führen zu sehr verschiedenen mathematischen Gebäuden, mit unterschiedlichen Theoremen. Da dieser Punkt schnell sehr technisch wird, verweise ich für detailierte Beschreibungen dieses Problems auf die Literatur, z.B. die Darstellung in der Stanford Encyclopedia of Philosophy. Wem das aber zu weit führt, dem bleibt noch die folgende kurze Betrachtung. Denn oftmals findet man die Grundsätze, nach denen eine Wissenschaft vorgeht, in größter Klarheit nicht in den tiefgehenden philosophischen Analysen ihrer Grundlagen, sondern in den grundlegenden Lehrbüchern, die dem Nachwuchs einfach nur mit den Theorien und Methoden vertraut machen sollen. Und in dem Lehrbuch Einführung in die Mengenlehre von Heinz-Dieter Ebbinghaus (Spektrum Akademischer Verlag, 2003) finden wir das Zitat:
"Die Tatsache, daß die Mathematik in ihrer heutigen Gestalt nicht ohne den Mengenbegriff gedacht werden kann und daß die mengentheoretische Auffassung fruchtbarste Impulse gegeben hat, liefert eine pragmatische Rechtfertigung für die Mengenlehre und Anlaß genug, sich mit dem Mengenbegriff ernsthaft auseinanderzusetzen."
Eine schönere Bestätigung für Relativismus im Fundament der wissenschaftlichsten aller Wissenschaften kann man sich kaum wünschen.

Es bleiben also außerwissenschaftliche Fragen, die von Bedeutung für die Wissenschaft und das tägliche Handeln sind. Dies sollte deutlich genug auf die Grenzen eines rein wissenschaftlichen Weltbildes hinweisen. (Religion kann zwar Fragen wie die eben gestellten beantworten, allerdings nur zum Schein. Denn mit der Beantwortung stellen sich gleich von alleine die nächsten Fragen. Und diese gelten dann selbst wieder als nicht beantwortbar, normalerweise mit der Begründung, der Mensch sei von Gott nicht mit der Fähigkeit zu so weitreichender Einsicht ausgestattet worden. Und gerade damit gehen dann auch die Religionen kein bißchen über die erwähnte Unbeantwortbarkeit von Fragen aus sprachphilosophischen Gründen hinaus.)

Bleibt noch der Glaube an die grundsätzliche Verbesserung der Welt durch die Wissenschaften. Nicht, daß ich hier eine streng logische Begründung kennen würde, die es zu widerlegen gilt. Tatsächlich reicht auch eine Betrachtung der Welt aus, um massive Zweifel an dieser These zu wecken. Dazu empfehle ich die Lektüre des Buches Sceptical Essays von Bertrand Russell (z.B. bei Routledge, 2005). Dieses Buch ist bereits 1928 erschienen, und es beinhaltet eine Reihe von Aufsätzen zu politischen und moralischen Problemen der Zeit vor 1928. Dabei geht es mir gar nicht um die Antworten, die in diesen Aufsätzen gegeben werden, sondern um die bemerkenswerte Tatsache, daß dieses Buch, würde man die konkreten Anlässe darin durch moderne Beispiele ersetzten, auch gestern hätte geschrieben worden sein können. Weder haben sich in der Zwischenzeit die grundlegenden Konflikte geändert, noch haben die damals vorgeschlagenen Antworten entscheidende Spuren hinterlassen. Und wer nach dieser Lektüre immer noch glaubt, die Menschheit hätte in den letzten einhundert Jahren signifikante sittliche Fortschritte gemacht, der möge mir doch bitte sagen, welche Pillen er nimmt. Denn die hätte ich dann auch gerne.

Sonntag, 23. Mai 2010

Atheismus ist Schwachsinn!

Und um es gleich vorweg zu sagen, dieser Titel ist kein bißchen ironisch gemeint! Er ist nur etwas undifferenziert. Aber der Reihe nach.
Je mehr man mit gläubigen Mitmenschen spricht, desto mehr neigt man dazu, sich selbst als Atheisten zu bezeichnen. Redet man dann aber mal mit einem "richtigen", einem echten Atheisten, dann denkt man schon: He, Polemik, Verbohrtheit und Ignoranz, das hätte ich auch bei meinem Pfaffen haben können. Nur gibt's bei dem noch Weihrauch und Ewiges Leben gleich mit dazu, quasi im Aktionspaket. Auch wenn man hasst, es zu sagen, aber die gläubigen Kritiker haben völlig recht, wenn sie behaupten, dieser Atheismus sei im Grunde auch nichts anders als eine Religion. Die "echten", nennen wir sie hier der Einfachheit halber mal die "gläubigen Atheisten", werden diese Behauptung als eine ungeheure Beleidigung betrachten. Aber von Menschen, die eine Mohammed-Karikatur des Tages für eine gute Idee halten, von denen sollte man erwarten, daß sie selber auch mal eine Beleidigung wegstecken können. Können sie aber wahrscheinlich nicht. Denn in ihrem Glauben, die Wahrheit in ihren kleinen rationalen Händen zu halten, und in ihrer Unfähigkeit zur Selbstkritik stehen sie dem hartgesottensten Bischof in nichts nach. Das ist die erste einer ganzen Reihe von bedauerlichen Parallelen zwischen den gläubigen Atheisten und den Religionsgläubigen. Aber versuchen wir, die Sache etwas zu systematisieren. Die Standardwerke dieser Bewegung, seinen sie von Dawkins oder wem auch immer, habe ich nicht. Nach den kurzen Ausschnitten, die ich gelesen habe, glaube ich auch nicht, daß ich mit diesen Texten meine Zeit und mein Geld verschwenden will. Nehmen wir statt dessen mal das Evo-Magazin als Quelle faszinierender Einblicke in die Gedankenwelt des gläubigen Atheisten. Es ist umsonst, und es bereitet die Thesen auch der Prominenten unter den gläubigen Atheisten auf. Sehr schön in diesem Magazin ist zum Beispiel ein Zitat anläßlich des "Evolutionstages". An diesem Tag soll übrigens die Entstehung des Lebens auf der Erde, rein naturwissenschaftlich, versteht sich, gefeiert werden. Auf ein Gespür für solch feine Ironien wie das völlig irrationale Feiern naturwissenschaftlicher Ereignisse braucht man aber gar nicht erst zu hoffen. Aber hier erst mal das Zitat:
"Die Entwicklung muss nur weitergehen wie jetzt und ein Zeitalter der Vernunft, das den Menschen ein langes und glückliches Leben ermöglicht und das unsere Erkenntnis über uns selbst und alles andere auf ungeahnte Weise bereichert, wäre eine reale Option. Der Evolutionstag ist ein Zeichen des Umbruchs: Von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung, von der Versklavung zur Freiheit, von der Leichtgläubigkeit zur intellektuellen Reife, vom Krieg aller gegen aller zum ewigen Frieden. Ob wir uns von Rückfällen in die Barbarei aufhalten lassen, oder mutig voranschreiten, hängt nur von uns selbst ab."
Ich hätte es ja selbst nicht geglaubt, aber dieser Text wurde wirklich im Jahre 2010 geschrieben! Selbstverständlich wird an dieser Stelle keine rationale Begründung dafür angegeben, weshalb der Weg in ein Zeitalter der Vernunft, sollten wir ihn nur beschreiten, uns automatisch in ein langes und glückliches Leben in ewigem Frieden führt. So etwas wird in diesen Kreisen als mehr oder wenig selbstverständlich angenommen. Viel schöner ist ohnehin die zweite Parallele zum Religionsgläubigen. Das es nämlich den ein oder anderen Rückfall in die Barbarei gegeben hat auf dem Weg zur Vernunft, das ist auch den gläubigen Atheisten nicht entgangen. Das sind aber selbstverständlich nur einzelne Rückfälle auf einem im Prinzip wunderbaren Weg. So sehen es völlig überraschend aber auch die religiösen Zeitgenossen auf ihrem Weg zum ewigen Leben in Frieden. Was immer es an Verbrechen gibt unter ihren Anhängern, es handelt sich immer nur um traurige Verfehlungen einzelner, die mit dem Wesen des Glaubens rein gar nichts zu tun haben. Und so häufte das Christentum Beispiele von Konquistadoren an, die Indianerkinder an ihre Hunde verfütterten, während gänzlich unreligiöse Ärzte Kriegsgefangene zu Forschungszwecken mit Milzbrand infizierten um sie anschließend zu vivisezieren. Aber die Religionsgläubigen haben auf dem Weg ins ewige Glück wenigstens noch einige Jahrhunderte Vorsprung...
Das nirgendwo ein Versuch unternommen wird, die Notwendigkeit, mit der die Vernunft in einem glücklichen Leben mündet, zu begründen, stimmt natürlich auch nicht. Tatsächlich nimmt sich das Evo-Magazin an anderer Stelle ausgiebig dieses Problemes an. Das allerdings auf einem Niveau, auf dem sie selbst noch unseren Dorfpfarrer intellektuell unterfliegen. Denn was die gläubigen Atheisten dort tun wollen ist, vom Sein (d.h. aus der Beobachtung der Welt) auf das Sollen (eine komplette Ethik) zwingend zu schließen. Sicher, das ist im Prinzip ein sehr interessantes Vorhaben - so interessant wie der Versuch, vom Denken auf das Sein zu schließen. Doch wie man die Lücke zwischen den Sphären der physischen Welt und der Ethik überbrücken kann, dazu erfährt man dann doch eher wenig. Außer, so scheint mir, daß man unter "Wert" wohl nicht mehr dasjenige verstehen sollte, was man tun soll, sondern das, was man tun will. Der Wert ist, was man will, und was man will ist glücklich sein, also ist der Wert glücklich sein. Und da eine Ethik weiter auf Werten aufbauen soll, ist das empirisch nachweisbare Fundament der Ethik, glücklich zu werden. Wie gesagt, die Predigt eines Dorfpfarrers ist ein Meisterwerk der tiefgründigen philosophischen Analyse verglichen mit diesen Ideen.
Aber immerhin, die gläubigen Atheisten haben erkannt, daß etwas fehlt, wenn man Gott wegnimmt, und sei es eine elegante letzte Begründung für absolute ethische Maßstäbe. Vieleicht kann man das sogar als ingeheimes Eingeständnis betrachten, daß religiöse Begriffe auch einen gewissen intellektuellen Nutzen haben, und das vieleicht gar nicht mal alle außer ihnen selber verblendete, irrationale Schwachköpfe sind. Vieleicht interpretiere ich da aber die Bemühungen um eine "objektive" absolute Moral auch über. Auf jeden Fall haben wir hier die dritte Parallele zwischen den Gäubigen der Religion und des Atheismus. Wie die Religiösen die Idee von Gott zur Beantwortung aller Fragen und zur Rechtfertigung aller Handlungen benutzen, haben die gläubigen Atheisten ihr eigenes Prinzip zu diesem Zweck auserkoren. Dieses Prinzip, ist ja klar, das ist die Vernunft, bevorzugt in Form der Naturwissenschaft. Und wie die Religionen erlauben sie nicht die Spur eines Zweifels an ihrem Prinzip und seiner Allmacht, und wie die Religionen überschätzen sie sein Erklärungspotential dramatisch. Als schönes Beispiel kann auch hier der schon erwähnte alberne Versuch, aus der Naturwissenschaft eine "objektive" Ethik aufzubauen und uns in den ewigen Frieden zu führen, dienen. Wer gerne selber ein paar Beispiele für den ebenso fanatischen wie oberflächlichen Vernunftsglauben erleben will, der kann ja mal ein paar kritische Fragen in einem Atheistenblog stellen. Dabei ist gar keine religiöse Stellungnahme nötig, ja, besser, man erwähnt gar nichts Religiöses, das irritiert dort am meisten. Einfach mal Fragen, wieso sie von der Existenz einer realen Außenwelt überzeugt sind, oder was in der Art. Zur Not noch ein-, zweimal nachbohren, und schon wird man gereizt mit wunderschönen Beispielen naiver Oberflächlichkeit im Weltbild bedacht.
So, und zum Schluß noch eine vierte Parallele: die Gefährlichkeit. Ich selber halte ja jeden, der überzeugt ist, die Wahrheit zu kennen, für potentiell sehr gefährlich. Und wenn man sich vor Augen führt, daß es meistens Menschen sind, die glauben, eine absolute Ethik zu besitzen, die Andersdenkende unterdrücken und töten, die ihre Vorstellungen als Rechtfertigung benutzen, persönliche Freiheiten einzuschränken oder Kriege zu führen - seien es nun Christen, Moslems, Kommunisten, Faschisten, oder was auch immer - dann versteht man vieleicht mein ungutes Gefühl, wenn auch gläubige Atheisten eine objektive Ethik zu entwickeln versuchen.
Was also ist das Fazit? Ich bleibe doch lieber Agnostiker als Atheist. Und wenn es der Preis ist, als 50-50-Wischi-Waschi-Relativist beschimpft zu werden, dann bezahle ich ihn gerne, um nicht zu den verbohrten Vernunftfetischisten zu gehören, die gerade vom Gebrauch der Vernunft selber am wenigsten verstehen!

Puh, jetzt fühle ich mich besser - aber echt!

Samstag, 22. Mai 2010

Sex ist schlimmer als Faschismus!

Grundsätzlich hasse ich ja Nazivergleiche wie die Pest. Heute bauen wir uns aber trotzdem mal selber einen. Die Ausgangssituation ist auch ein bißchen anders, denn ich will eigentlich gar kein heutiges Ereignis mit Vorkommnissen im Dritten Reich vergleichen, sondern umgekehrt. Und außerdem geht es mir auch nicht um die Gemeinsamkeiten, sondern um die Unterschiede im Vergleich. Also mal los.
Der Ausgangspunkt ist die Diskussion um die Rolle der katholischen Kirche im Nationalsozialismus, die sich hier mit einem anonymen Kommentator ergeben hat. Und da waren wir uns einig, und ich glaube, dies ist so offensichtlich, daß es keinerlei weitere Ausführungen bedarf, daß die Lehre der katholischen Kirche mit den Prinzipien des deutschen Nationalsozialismus prinzipiell unvereinbar ist. Außerdem waren wir uns einig, daß die Kirche nicht zum aktiven Widerstand gegen die NS-Diktatur aufgerufen hat, um sich und ihre Mitglieder vor den in einem solchen Fall zu erwartenden Folgen, etwa Verhaftungen, Mord, oder Konfiskation, zu schützen.

Machen wir jetzt erst mal einen kleinen Sprung, hin zur Sexualmoral der katholischen Kirche. Die hat ja eine eher restriktive Tradition, von Mose ("Du sollst nicht die Ehe brechen.", Exodus 20,14) über die Bergpredigt ("Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.", vergl. Mt. 5,27-30) bis zu Paulus ("Darum sage ich: Lasst euch vom Geist leiten, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen.", Gal. 5,16). Angesichts einer solchen Tradition der Angst vor einer freizügigen Sexualität ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Kirche es heute immer noch so hält:
"Indem die Kirche die Menschen zur Beobachtung des von ihr in beständiger Lehre ausgelegten natürlichen Sittengesetzes anhält, lehrt sie nun, dass «jeder eheliche Akt» von sich aus auf die Erzeugung menschlichen Lebens hingeordnet bleiben muss."
Und, weiter der Logik folgend, wenn Sex nur zum Babies machen, dann auch keine Kondome:
"Ebenso ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel."

Damit haben wir schon mal nachvollzogen, daß die Benutzung von Kondomen nicht mit der katholischen Lehre vereinbar ist, und zwar, weil freizügige Sexualität etwas sehr Schlimmes ist. Für unseren Nazivergleich brauchen wir jetzt nur noch den Gegenpart, und natürlich etliche Millionen Tote. Aber das ist ja kein Problem, da nehmen wir doch einfach AIDS! Es ist wohl gar nicht nötig, das Elend hier auszumalen. Als hoffentlich allgemein in ihrer Seriösität und Kompetenz anerkannte Quelle nehmen wir mal UNAIDS, das Programm der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von AIDS. Mithilfe der detailierten Analysen von UNAIDS kann man sich z.B. anhand nackter Zahlen ein Bild von der dramatischen Situation im Afrika südlich der Sahara machen. Und wir zitieren mal aus dem Positionspapier von UNAIDS aus dem Jahr 2009 zum Thema Kondome:
"Condoms are an integral and essential part of comprehensive prevention and care programmes, and their promotion must be accelerated."
"The male latex condom is the single, most efficient, available technology to reduce the sexual transmission of HIV and other sexually transmitted infections."
"Increased access to antiretroviral treatment creates the need and the opportunity for accelerated condom promotion."

Und damit haben wir jetzt alles für unseren schönen Vergleich. Denn natürlich bleibt die katholische Kirche nach wie vor bei ihrer Linie. So sagte der Papst 2009 in einem Interview auf dem Weg nach Afrika, er werde nicht über wirtschaftliche Angelegenheiten sprechen, da ihm dazu die Kompetenz fehle. Im Bereich Seuchenbekämpfung scheint er sich dann aber schon als kompetent zu betrachten, wenn er sagt:
"Ich würde sagen, daß man das Aidsproblem nicht nur mit Geld lösen kann, das zwar auch notwendig ist. Aber wenn die Seele nicht beteiligt ist, wenn die Afrikaner nicht mithelfen (indem sie eigene Verantwortung übernehmen), kann man es mit der Verteilung von Präservativen nicht bewältigen. Im Gegenteil, sie vergrößern das Problem. Die Lösung kann nur in einem zweifachen Bemühen gefunden werden: erstens in einer Humanisierung der Sexualität, das heißt in einer spirituellen und menschlichen Erneuerung, die eine neue Verhaltensweise im gegenseitigen Umgang mit sich bringt; und zweitens in einer wahren Freundschaft auch und vor allem zu den Leidenden, in einer Verfügbarkeit, auch mit Opfern und persönlichem Verzicht an der Seite der Leidenden zu sein."

Während also die Kirche im Dritten Reich ihren Schäfchen unchristliche Verhaltensweisen nachgesehen hat, um Leben zu schützen, so will sie den Afrikanern unchristlicher Verhaltensweisen nicht nachsehen, egal wie viele Menschen dadurch zu Tode kommen sollten. Natürlich wäre es absurd anzunehmen, es sei für die Kirche nun mal schlimmer, wenn weiße Priester draufgehen, als wenn der Neger im Busch dran glauben muß. Also bleibt nur eine mögliche Schlußfolgerung: Sex ist schlimmer als Faschismus!

Sonntag, 16. Mai 2010

Warum nur über Sex reden?

Dem aufmerksamen Leser mag auffallen, daß relativ viele Beiträge hier mit Sexualität, wenn auch nicht sehr explizit, zu tun haben. Mir zumindest fällt es auf. Unter den letzten zwanzig Posts haben immerhin sieben einen sexuellen Bezug. Da kann man ja schon mal fragen, warum das so ist. Naheliegende Begründungen wären sicher meine eigene, nennen wir es mal, emotionale Verbundenheit mit dem Thema. Oder auch einfach nur, daß ein Blick in Google Analytics mir gesagt hat, daß solche Stichworte mir am ehesten Leser auf mein Blog bringen. Da einem bei solchen Unterstellungen aber ohnehin nichts anderes als ein völliges Eingeständnis geglaubt wird, lohnt es sich nicht, sich dazu zu äußern. Ich möchte aber doch zu bedenken geben, daß es noch einen weiteren Grund gibt, über Sex zu reden: Sex ist eine weitere ausgesprochen widersprüchliche Angelegenheit des Lebens. Dabei will ich gar nicht auf die Widersprüche hinaus, die sich aus dem eigentlichen Geschehen im Bett ergeben, obwohl es auch dazu einiges zu sagen gäbe. Aber vieleicht ein andermal, wenn ich meine, noch einige Leser auf mein Blog locken zu müssen. Jetzt bleiben wir mal bei dem Widerspruch auf rein gesellschaftlicher Ebene. Der ergibt sich, weil Sex als etwas ausgesprochen Privates betrachtet wird. Diese Einstellung mag sich zwar auch durch die Zeiten verändern, und hier und jetzt würde sich vieleicht schon eine Umfrage lohnen, wer unter den Lesern noch kein privates Sexvideo auf YouPorn oder wo auch immer hochgeladen hat. Aber selbst wenn es jemand tut, so wird er doch kaum den entsprechenden Link gleich an seine Eltern und Kollegen schicken. Trotz allem bleibt Sex etwas sehr Privates.
Auf der anderen Seite steht eine ganz erstaunliche gesellschaftliche Regelungswut dagegen, sei es durch Religionen, Ideologien, oder durch das Strafrecht. Trotz der verschämten Privatheit des Liebesaktes glaubt die Allgemeinheit mit den unterschiedlichsten Rechtfertigungen, sich in seinen Vollzug einmischen zu dürfen, oder gar zu müssen. Das schönste Beispiel, denn hier stehen Harmlosigkeit und Grad der Einmischung in einem besonders krassen Gegensatz, ist die Homosexualität. Religionen wie u.a. die christliche lehnen sie die Jahrtausende hindurch ab, belegen sie mitunter gar mit der Todesstrafe, denn sie sei "Gott ein Greuel". Und selbst das Strafrecht in Deutschland war noch vor gar nicht mal so langer Zeit in dieser Hinsicht alles andere als liberal. Aber weitere Beispiele gibt es zu Hauf: Sexuelle Praktiken mit Tieren gehören schleunigst verboten, wo sie es nicht schon sind. Hier beruft man sich aber lieber auf den Tierschutz als auf Gottes Gebot. Auch die Prostitution gehört ja im Grunde verboten, sei es als Kampf gegen die Sünde vor dem Herrn, sei es aus feministischer Sicht. Schließlich kann eine Frau sich per Ideologie nicht freiwillig prostituieren. Da muß ma sie vor Ausbeutung schützen. (Freiwillig die Bahnhofsklos putzen kann eine Frau übrigens auch aus feministischer Sicht wohl schon?) Und was haben wir da noch alles? Drei Kinder von drei Männern? Nicht verboten, leider, aber doch asozial. Sex mit Kindern? Zu recht verboten. Aber gerade in dem Nebeneffekt der Kinderpornographie in jüngster Zeit mit solcher Hysterie behandelt, daß man wohl am liebsten gleich das ganze Internet verboten hätte. Oder nehmen wir das Inzestverbot...
Offenbar gibt es beim Thema so tiefe Emotionen, daß die meisten Menschen glauben, sich in das Liebesleben ihrer Mitmenschen einmischen zu müssen. Und Religion war da schon immer das beste Mittel zur Rechtfertigung jeder Einmischung. Hat mein ein dumpfes Gefühl, das man rational nicht begründen kann, dann behautet es sich leicht, Gott wolle es nun mal so. Das funktioniert bei dem Verbot, jemanden zu ermorden, und bei schwulem Sex. Wo aber die Berufung auf Gottes Wille in der modernen Gesellschaft allzu lächerlich klänge, da bleibt immernoch der Feminismus, der Tierschutz, oder was auch immer.
Aber vieleicht zeigt sich beim Thema Sexualität hier nur besonders deutlich, was dem menschlichen Wesen zutiefst zueigen ist, und was sträflich übersehen wird: Hat ein Mensch ein starkes Gefühl in einer bestimmten Hinsicht, so wird er immer auch gute Gründe finden, sein Gefühl scheinbar objektiv zu rechtfertigen. Will es etwas haben, findet er immer Gründe, warum er es braucht. Hat er Angst vor etwas, findet er immer Gründe, warum er es nicht will oder warum es falsch wäre. Selbst wenn er aus Gier Steuern hinterzieht, findet er noch Gründe, warum es ja letztlich, jetzt aber mal wirklich völlig objektiv betrachtet, schon in Ordnung ist. Dabei weiß der Mensch oftmals gar nicht, daß seine scheinbar rationalen Gedanken nur seinen Gefühlen hinterher laufen, und er will es auch gar nicht wissen. Dabei ist es gefährlich, dies zu ignorieren. Hier erscheint nämlich vernünftig, was irrational ist. Hier liegt der wirklich gefährliche Aberglaube, den es in Schach zu halten gilt. Und daher lohnt es sich auch, unter anderem über Sex immer wieder und wieder zu reden.

Freitag, 14. Mai 2010

Christ und Sex, die Zweite

Und wieder hat der Kirchentag eine wunderschöne Äußerung der Berufsgläubischen hervorgebracht. Die Evangelen wollen wohl die Marktführerschaft im Unsinn verzapfen nicht Katholen überlassen, und so verkündete Frau Margot Käßmann zur Antibabypille:
"Wir können sie aber auch als Geschenk Gottes sehen."
Eine gewagte These, nicht nur für Katholen, sondern auch für den denkenden Teil der Bevölkerung. Denn dann könnte man ja auch mit dem gleichen Recht Aspirin als ein Geschenk Gottes sehen? Und den Rettungshubschrauber? Und das Auto? Den Fernseher, die Mikrowelle, den PVC-Fußbodenbelag? Am Ende gar die Äußerungen von Frau Käßmann?? Dann wären wir schließlich wieder bei der alten Frage:
Wie kann ein gütiger, gerechter Gott seinen geliebten Kindern sowas nur antun!?

Mittwoch, 12. Mai 2010

Marx und die Sex-Regeln

Wenn sich Berufschristen zur Lage der Welt äußern, dann tun sie das gerne mit scheinbar vernünftigen Aussagen. So meinte der Erzbischof Reinhard Marx:
"Aber Sexualität braucht eine Ordnung, wenn sie nicht aus dem Ruder gehen soll." Und das stimmt wohl, wie immer wenn Menschen aufeinander treffen, sei es im Straßenverkehr, beim Fußball oder im Immobilienhandel. Ohne Ordung kommt es zu unangenehmen Auswüchsen. Und das das auch beim Sex so ist, weiß nicht zuletzt die Kirche genau. Natürlich könnte man am Rande mal fragen, warum denn die Christen gerade zum Thema Sexualität so viel lieber beitragen als zur Straßenverkehrsordung oder zum Fußball. Das Schaf aus der Herde des Herrn hat es da einfach mit der Antwort. Es kann ja nichts dafür, daß Gott sich nunmal mehr für Sex als für Fußball interessiert. Die Ungläubigen dagegen können schmunzeln oder den Kopf schütteln anbetracht dieser doch psychologisch sehr durchsichtigen Angelegenheit.
Und woher die Regeln kommen sollen, ist auch klar. Herr Marx und seine Kollegen sind da sicherlich gerne behilflich. Dabei sollte man nicht vergessen, daß wir auch ohne Einmischung von Gottes Experten Regeln für die Sexualität haben, nämlich das Sexualstrafrecht. Und dahinter steht, auch wenn gerade CDU-Politiker das gerne vergessen, der schöne Gedanke, daß man nicht mehr verbieten sollte als wirklich notwendig, um den Einzelnen vor seinen Mitmenschen zu schützen. Und sowenig wie es im Fußball notwendig ist, den Spielern zu verbieten, Unterwäsche in einer anderen Farbe als Blau zu tragen, so wenig ist es notwendig, beispielsweise Homosexuellen ihr Liebesspiel zu untersagen. Im Strafrecht, immerhin. Die Überzeugung dahinter ist wohl, daß erwachsene Menschen sehr wohl in der Lage sind, die Verantwortung für ihr Tun selbst zu tragen. Aber gerade damit tun sich die Christen schwer, mögen sie auch noch so sehr darauf hinweisen, wie wichtig der christliche Glaube für unsere Gesellschaft ist. Natürlich, auch sie betonen die Verantwortung und Entscheidungsfreiheit des Einzelnen. Doch hier ist die Entscheidung die, Gottes Geboten zu folgen oder eben nicht. Das ist eine ganz andere Art der Freiheit als die, die Gebote selbst aufzustellen. Und gerade die letzte Art der Freiheit macht ihnen große Angst. Der Vorwurf, Gott zu spielen, ist nicht umsonst das letzte Totschlagargument gegen diverse Arten menschlicher Unternehmungen, vom Bau des Flugzeugs bis zur künstlichen Befruchtung. Also muß der gottgeschaffene Mensch damit leben, gegebenenfalls ein Drängen zu verspüren, dessen Umsetzung Gott verboten hat.
Also, wenn man mich fragt: so einem Gott würde ich auch lieber nicht erlauben, Gott zu spielen!

Sonntag, 9. Mai 2010

Die Tiefe des Bischofs

Es gibt da dieses Schreckgespenst des guten Bürgers, den Hartz-IV-Empfänger. Der trinkt, schlägt die Kinder, mißbraucht sie vieleicht gar, und verjuxt das für sie gedachte Geld. Und dann gibt es da den katholischen Bischof, wie etwa den Mixa. Der trinkt, schlägt die Kinder, mißbraucht sie vieleicht gar, und verjuxt das für sie gedachte Geld. Aber natürlich kann man beides nicht über einen Kamm scheren! Denn die Unterschiede sind doch frappierend: Der eine lebt von 359 € Steuergeld, der andere von 7900 € Steuergeld. Der eine hält seine Klappe, der andere erklärt einem die Moral. Der eine bringt alle seiner Art in Verruf, der andere ist ein trauriger aber keinesfalls typischer Einzelfall. Außerdem hat der eine versprochen, für das Volk Gottes wie ein guter Vater zu sorgen und den Armen, Heimatlosen und Notleidenden zu helfen. Der andere nicht. Kurz, der eine ist ein ehrenwertes und nützliches Mitglied der Gesellschaft, der andere nicht. Manchmal muß man halt einfach etwas tiefer blicken, um sowas zu erkennen!

Samstag, 8. Mai 2010

Hochbegabte in der U-Bahn

Der einzelne Mensch hatte es ja noch nie besonders leicht. Da ist zum einen die Natur, die ihm mit Seuchen, Tsunamis und Vulkanasche das Leben zu versauern sucht. Und dann sind da noch die Mitmenschen, die mit Kriegen, Ausbeutung und Werbespots für Slipeinlagen den Rest eines Lebens in Würde zu ruinieren trachten. Und irgendwo dazwischen muß man seinen Platz finden. Nur vordergründig ist die Sitation im heutigen Mitteleuropa besser geworden als noch im letzten Jahrhundert, mit den selteneren Kriegen und Tsunamis. Denn tatsächlich zwingt die moderne, oder besser post-moderne, Gesellschaft den Menschen in so viele Widersprüche, wie noch niemals irgendein System zuvor. Zum Beispiel müssen wir Karriere machen, uns um die Familie kümmern, und uns dabei auch noch selbst verwirklichen. Von Hernán Cortés beispielsweise erwartete man, daß er mit Härte, Entschlossenheit und List Mexiko eroberte, mit eintausend Spaniern dreihunderttausend indianische Krieger besiegte und alle Beteidigten reich machte. Sicherlich keine leichte Aufgabe, aber er schlug sich ja gar nicht schlecht. Aber immerhin wurde von ihm nicht auch noch verlangt, daß er nach der Schlacht noch drei Stunden mit seinen Kindern spielte und danach den Abwasch erledigte.
Aber betrachten wir lieber einen anderen Widerspruch des heutigen Lebens, den des sich-für-etwas-Besseres-halten. Heute ist es ja politisch und gesellschaftlich zutiefst verpönt, sich für etwas Besseres als seine Mitmenschen zu halten. Das war wohl auch nicht immer schon so. Als Adliger oder Pfaffe konnte man dem Pöbel ruhig sagen, daß er doof sei, das Maul halten solle und einfach nur zu arbeiten, kämpfen oder zu beten hätte. Je nachdem, was gerade gefordert war. Aber heute leben wir in einer aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft, an der alle partizipieren dürfen. Da gehört es sich nicht, sich für etwas Besseres zu halten, pfui. Gut, das könnte man akzeptieren, würde es einem die Gesellschaft nicht so furchtbar, furchtbar leicht machen, sich für etwas Besonderes zu halten! Das fängt ja schon vor der Haustür an. In der U-Bahn hört man Dialoge wie etwa "Eh Alta, ma' ma' Platz!" 'Ey, fick Dich!", in den Zeitungen liest man Schlagzeilen wie "Verfassungsgericht macht Weg für Griechen-Hilfe frei" (Bild) oder "SPD streikt bei Griechen-Hilfe" (Spiegel). Da kommt man sich schon schnell besonders vor, wenn man Sätze mit mehr als zehn Wörtern zu bilden vermag!
Aber das ist ja noch lange nicht alles! Längst werden wir professionell mit dem Eindruck versorgt, besonders zu sein. Im Fernsehen werden wir mit Preisfragen beglückt wie: "Gewinnen sie eine Reise mit Pupsiprodukte zu Rock am Ring! Beantworten Sie nur die folgende Frage: Wo steht das Pupsiprodukte-Village? a) Bei Rock am Ring b) Irgendwo im Sauerland"
Hm, tja, puh... Ich würde mal sagen... Da nehme ich doch den 50-50-Joker!
Und dann die ganzen Intelligenztests im Internet! Wahnsinn, wie klug ich doch bin! Einer hat mir sogar mal einen IQ von ganzen 164 Punkten bescheinigt! Und wenn ich die ganze Fülle meiner IQ-Punkte mal zusammen nehme und nachdenke: Normiert ist die IQ-Verteilung auf einen Mittelwert von 100 Punkte und eine Standardabweichung von 15 Punkten. Das bedeutet, ich liege mehr als vier Standardabweichungen über dem Mittelwert! Wow, bloß... wie um alles in der Welt haben sie es nur geschafft, den Test bis so weit nach draußen in der Verteilungskurve zu normieren?? Aber wenn man wirklich hartnäckig an der Aussagekraft der Testergebnisse zu zweifeln entschlossen ist (besser, man freut sich und denkt nicht weiter darüber nach!), dann kann man ja eines der Ich-bin-hochbegabt-Ratgeberbücher erwerben (das sollte man aber nicht in seiner Standardbuchhandlung kaufen, sonst denken die dort, man glaube etwas Besseres zu sein!). Dann findet man die Antworten, nach denen man sucht. Sie kapieren nichts? Klar, sie sind ja unterfordert! Sie glauben, sie kapieren sofort alles? Klar, sie sind ja hochbegabt! Irgendwas findet sich da für jeden.
Also leben wir alle in dieser Zwickmühle, etwas Besseres zu sein, und es niemanden merken lassen zu dürfen. Und das ist eine Schande, denn es ist ja gar nicht auszudenken, wieviel großartige Literatur wohl geschrieben wird, die aber dann aus Scham in der Schublade bleibt. Wieviel wundervolle Musik wohl komponiert wird, die aber verheimlicht wird, um nicht anmaßend zu wirken. Wieviele tollen Texte großer Geister wohl geschrieben, aber nie veröffentlicht werden...! Wobei, jetzt, wo ich diesen Beitrag vor dem "Veröffentlichen"-Klick nochmal selber durchlese... vieleicht ist es ja doch ganz gut so, wie es ist?

Donnerstag, 6. Mai 2010

Kanzlerin und Satellit

Seit gefühlten Jahren geht nun schon das Gerangel um Finanzhilfen für Griechenland hin und her. Am Ende werden die Kredite gegeben werden, schließlich bleibt Europa ja keine andere Wahl. Den Mühlstein Griechenland sollte man doch tunlichst nicht sinken lassen, nachdem er an unser aller Hälse gebunden ist. Und Deutschland stellt mit seinen 22,4 Mrd Euro stattliche 28% der benötigten Mittel bereit. Und so ist Deutschland einmal mehr der Zahlmeister, der das arbeitsscheue Gesindel an den lauschigen Stränden des Mittelmeeres durchfüttert, während wir im Norden bei Nieselregen zur Arbeit fahren! Aber ok, man kann es jetzt nicht ändern. Doch eine Sache könnten wir herausschlagen, und nie war die Gelegenheit günstiger: Im Gegenzug für unseren 22-Milliarden-Kredit gewinnen wir dieses Jahr den Eurovision Song Contest! Wer sollte uns das abschlagen können? Und dann ist auch endlich mal Schluß mit dem ewigen Bezahlen für alles und jeden in der Welt, um dann doch nur bei jeder Gelegenheit von unseren schönen "Freunden" im Ausland gedemütigt zu werden mit den letzten Plätzen für unsere -nunja- Künstler! Vieleicht kann man Liebe nicht kaufen, aber eine freundliche Behandlung und etwas so-tun-als-ob sollte man für ein paar Milliarden Euro doch schon erwarten können?
Ich hoffe, Frau Merkel hat die verstrichene Zeit für ausgiebige Geheimverhandlungen genutzt. Bald werden wir wissen, ob sie sich wirklich für die Belange der Deutschen einsetzt, oder ob sie das hart erarbeitete Geld der Steuerzahler gedankenlos in der Ägäis versenkt! Aber das weiß ich jetzt schon: Wenn wir dieses Jahr nicht gewinnen, werde ich nie mit Frau Merkel reden, sollte sie mal anrufen! Irgendwann. Und außerdem gibt's dann nie wieder Gyros! Döner rules!

Montag, 3. Mai 2010

Auferstanden aus Ruinen...

Es ist ja sehr löblich, wenn man sich nicht aufgibt, wenn es mal nicht so recht klappt im Leben. Und es ist bewunderungswürdig, wenn man sich, wenn die erste berufliche Karriere unerwartet gescheitert ist, auch im fortgeschrittenen Alter noch mal aufrappelt und sich eine neue Existenz aufzubauen versucht. Nur, in diesem Fall scheint auch die zweite Karriere nicht so wahnsinnig gut zu laufen...