Dienstag, 20. März 2012

Das Ende der Vulkane


Der Croscat an seiner unbe-
schädigten Ostseite.
Auf der Iberischen Halbinsel, im Vorfeld der Pyrenäen, gibt es eine kleine inaktive Vulkanregion namens Garrotxa (sprich: Garotscha). Sie erinnert einen irgendwie an die Eifel und ist eine ausgesprochen schöne Landschaft. Wie überdimensionale Maulwurfshügel ragen überall Vulkankegel von einem duzend bis zu hundertsechzig Metern Höhe über ihre Umgebung hervor. Mitunter ragen kleine Vulkane in Ortschaften auf und man erkennt die Krater, und so hat die ganze Gegend fast schon etwas Märchenhaftes an sich. Dabei waren diese Vulkane zeitweilig durchaus in Gefahr. Am größten von ihnen, dem Croscat, sieht man noch deutlich die Narbe, die der Lavaabbau in seine Nordseite gerissen hat. Doch schon in den Siebzigern begannen unter dem Motto "Rettet die Vulkane" Bürgerproteste gegen den Gesteinsabbau und die Zerstörung der Vulkankegel. Während der Demokratisierung Spaniens am Beginn der achtziger Jahre schuf die katalanische Regionalregierung Naturschutzgebiete, und 1991 beendete sie nach dem Aufkauf des Grubenunternehmens endgültig allen Gesteinsabbau in der Garrotxa [1].
Abbauspuren an der Nordseite des
Croscat.
Ich erwähne dies alles, weil diese Gegend nicht nur geologisch an die Eifel erinnert, sondern auch was die Begehrlichkeiten der Baustoffindustrie angeht. Doch während in Spanien eine großartige Vulkanlandschaft gerettet werden konnte, werden in der Eifel fortwährend ganze Vulkane zur Baustoffgewinnung abgetragen. Mit Google Earth kann sich jeder die Zerstörungen ansehen, die in der Eifel und in benachbarten Landschaften wie der Pellenz, westlich von Koblenz, angerichtet werden. Vulkankegel wie der Hummerich zwischen den Orten Plaidt und Kruft, der Fuchskopf bei Daun, die Kyller Höhe und der Goßberg bei Hillesheim, und viele weitere mehr, sind bereits komplett abgetragen oder werden bald komplett abgetragen sein. Und diese fatale Zerstörung von Landschaften liegt keinesfalls in ihren letzten Zügen, sondern die Vorzugsgebiete, in den der Gesteinsabbau Vorrang vor allen anderen Formen der Nutzung hat, stehen vor einer gewaltigen Ausweitung. Es ist erstaunlich, daß diese planvolle und unumkehrbare Vernichtung kompletter Landschaften jenseits lokaler Aktionsbündnisse kaum auf überregionales Interesse stößt. Dabei sollte man sich vor Augen halten, daß der Bereich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden gerade mal einem Promilleanteil der Beschäftigten in Rheinland-Pfalz Arbeit bietet und weniger Umsatz erwirtschaftet als die Backwarenproduktion (ohne Dauerbackwaren!). Und daß die Baustoffindustrie längst nicht mehr nur von lokalen Rohstoffen lebt, sondern schon im großen Stil vulkanische Rohstoffe aus Island importiert und sich über den Rhein anschiffen läßt. Und doch werden einer marginalen Industrie, quasi als letzter lokaler Profit, Berge und Landschaften unwiederbringlich zum Fraß vorgeworfen.
Der Ort, an dem der Vulkan
Hummerich einst war.
Die ganze Ironie aber liegt darin, daß die betroffenen Regionen sehr wohl um den Niedergang der Baustoffindustrie wissen und ihre dürftige Wirtschaft ausgerechnet durch "Vulkantourismus" zu beleben hoffen. Die Umbenennung des Landkreises Daun in "Landkreis Vulkaneifel" zeugt von diesen fast schon rührenden Bemühungen, ebenso wie das Emporschießen von "Vulkanparks", "Lava-Domes" und "Vulkanpfaden". Selbst Baustoffunternehmen wie die Trasswerke Meurin beteiligen sich an solchen Vulkanparks. Nur eine Frage bleibt offen. Wenn ein Tourist wirklich an Vulkanlandschaften interessiert ist, wieso sollte er eine bis zur Unkenntlichkeit geschändete Landschaft besuchen, und nicht gleich in die Garrotxa fahren? Dort sind Vulkane und Natur nicht nur geschützt, sondern auch bestens durch Wanderwege erschlossen. Denn dort hat man nicht eine wundervolle Landschaft einem zweifelhaften und flüchtigen Profit geopfert.

3 Kommentare:

  1. Hm, die Garrotxa mag weniger zerfressen, besser erschlossen und landschaftlich schöner sein als die Eifel, aber sie ist eben auch recht weit weg. Aus einem großen Teil Deutschlands kann man ohne weiteres einen Tagesausflug in die Eifel machen, in die Garrotxa eher nicht. Wenn die Vulkane der Eifel aber allzu abgenagt sind, zieht das Argument aber irgendwann nicht mehr so richtig. Dann fahren die Leute lieber in die Sächsische Schweiz, wenn sie nicht sowieso lieber nach Malle jetten.

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    1. Für einen Tagesausflug ist der Weg wirklich etwas weit. Dafür kann man die Reise aber mit einem Badeurlaub kombinieren!

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    2. Das stimmt natürlich. Ich wollte auch gar nicht gegen Urlaub in Spanien argumentieren, ganz im Gegenteil. Die Kombination mit Badeurlaub finde ich in den Alpujarras allerdings noch reizvoller: Man kann im Gebirge herumfahren und aus mehreren Hundert Metern Höhe das Meer fast unter sich beobachten, und ein paar Kilometer Fahrt bringen einen schon an den Strand.

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