Sonntag, 4. März 2012

Europareise der Inkompetenz: 4 - Frankreich

Wenn die auf unserer ersten Reisestation besuchten Briten grundsätzlich eher sympathische Menschen waren, so sind die Franzosen gewissermaßen ihr natürlicher Gegenpol. Insbesondere in der Variante des Parisers ist er der übrigen Welt so weit voraus in Ignoranz, Egozentrik und Selbstüberschätzung, das wirklich niemand mit ihm mithalten könnte, und wenn er sich die gesamte kolumbianische Jahresproduktion an Koks durch die Nase ziehen würde. Tatsächlich vereinzelt existierende Sympathien für Franzosen kann man eigentlich nur durch Unwissenheit erklären. Oder dadurch, daß sich gerade die Deutschen einfach nicht vorstellen können, daß die Feststellung, aus dem großartigsten Land der Welt zu kommen, dem die Welt alle wesentlichen zivilisatorischen Errungenschaften verdankt, vollkommen frei von jeder Selbstironie geäußert werden kann.
Natürlich blüht in einem Land wie Frankreich auch die Inkompetenz in einem Ausmaß, bei dem man als Deutscher gar nicht weiß, wo man mit Beispielen anfangen soll. Besonders beliebt bei unseren Erbfreunden vor dem Sonnenuntergang ist die grundsätzliche Inkompetenzvariante in Form von Lösungen, die aus der Ferne und oberflächlich betrachtet sehr schön aussehen, die in der Praxis aber absolut untauglich sind. Festhalten an ihnen tut der Franzose selbstverständlich dennoch wie der Engländer an seinen zwei Wasserhähnen. Zur Illustration dieses Phänomens nehmen wir einfach mal diese harmlose, simple französische Flasche mit Herd- und Waschbeckenreiniger:


Sie wird geliefert mit dem Hinweis auf der Rückseite, die zu reinigende Fläche sei einfach einzusprühen und abzuwischen. Was nun das Problem ist, bemerkt man schnell - dem aufmerksamen Betrachter wird nicht entgangen sein, daß es sich hier um eine Sprühflasche zum Pumpen handelt. Dies mag eine sehr praktische Verpackung für Fensterreiniger sein. Doch auch in Frankreich ist die überwältigende Mehrheit aller Herde und Waschbecken waagerecht eingebaut. Und damit erahnt man schon das Problem: Hält man die Flasche senkrecht, so kann man mühelos in der Gegend herum sprühen. Nur sprüht man halt irgendwo hin, nur nicht auf die zu reinigende Fläche. Kippt man aber die Flasche nach vorn, so könnte man zwar auf die zu reinigende Fläche sprühen. Nur kommt dann, sobald die Flasche zu mehr als die Hälfte geleert ist, keinerlei Reiniger mehr heraus. Die Ingenieurslösung liegt natürlich auf der Hand: Wenn man unbedingt eine Sprühflasche für Herdreiniger verwenden will, dann muß der Ansaugrüssel so gestaltet sein, daß sich seine Öffnung vorne unten in der Flasche befindet. Befindet sie sich aber nicht. Und somit stellt diese Flasche ein Musterbeispiel französischer Technologie dar. Sieht von Weitem schön und elegant aus, ist aber komplett undurchdacht und taugt in der Praxis zu rein gar nichts. Trotzdem hält der Franzose natürlich an seiner inkompetenten Bauweise fest. Hauptsache, es macht einen guten Eindruck! Neee, in Deutschland, da würde es so was echt nicht geben!

9 Kommentare:

  1. Das macht dem Franzosen aber nicht viel aus, denn das Reinigungsmittel dient sowieso nur dem "savoir laver". Wie aus einem englischen Proverb ersichtlich, ist das Problem schon lange erkannt und gelöst: "The French don't know what a blood bath is, as they don't have a word for bath."

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  2. Ich glaube, das Problem mit dem Bad liegt darin, daß der Franzose zwar die Badewanne kennt, aber das die vollständige Funktionalität gewährleistende Instrument "Stöpsel" nicht mit eingeplant wird. Gut aussehen tut die Wanne ja auch schon ohne ihn...

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  3. Ein wenig Physik hilft in diesem Fall weiter.
    Der horizontale Wurf lehrt uns das man einfach nur einen höheren Abstand zum Ziel einnehmen muss um die gewünschte Fläche zu besprühen.

    In der Praxis sieht das so aus das man bei einem Abstand von einem Meter zum Herd diesen relativ gut besprühen kann. Kleinere Flächen sind natürlich nur mit ein wenig Übung besprühbar weil mit steigender Entfernung der besprühte Flächeninhalt durch eine höhere Streuung vergrößert wird ;-)

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  4. @Sebastian:
    Das ist ja an sich eine clevere Herangehensweise. Aber ein wenig Physik reicht da leider nicht. Denn zum einen hängt die Austrittsgeschwindigkeit vom Elan ab, mit dem man lospumpt. Und zum anderen ist der Öffnungswinkel, unter dem das Reinigungsmittel austritt, schon ganz beachtlich. Bis man die Parameter "Höhe über Herd" und "Pumpleistung" optimiert hat, hat man auch schon das Spülbecken, den Mülleimer und die Küchenwand eingesprüht. Aber die kann man ja gleich mit putzen, wo man schon dabei ist!

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  5. Hm, ich will ja nicht unken, aber bisher sind mir auch im hiesigen Heimatland der Ingenieurskunst noch keine anderen Reinigerflaschen begegnet - es sei denn, man will sich den Tort antun, die Druckspritze für den Garten jedes Mal aus dem Schuppen zu holen.
    Daher bevorzuge ich die Methode Tieffliegerangriff: Großzügiges Bestreichen des Zieles aus niedriger Höhe und in flachem Winkel...

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  6. @Stefan Rose:
    Och, unken ist hier durchaus willkommen! :)
    Ich erinnere mich noch so düster an extreme low-tech-Flaschen für Herdreiniger: Man hat sie einfach umgedreht, zusammengedrückt, und mit einem ggf. obszönen Geräusch kam Reiniger aus einer kleinen runden Öffnung rausgespritzt. Dann mit dem Schwamm verreiben, und fertig. Was ist denn nur daraus geworden?! Gibt's das nur noch bei Manufactum? Mann, Mann, also, als ich noch jung war...! ;)

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  7. Kann es nicht sein, dass sich in der Flasche kein starrer Schlauch befindet, der - wie auf der Zeichnung suggeriert - senkrecht auf den Flaschenboden trifft, sondern mit einer gewissen Krümmung auf eine der schmalen Kanten führt, vorzugsweise die unter der Düse (also auf dem unteren Bild die untere, wo sich die Flüssigkeit sammelt)?!

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  8. @BV:
    Nein, eben nicht! Der Schlauch ist nicht ganz starr, sondern aus leicht flexiblen Plastik. Aber er krümmt sich einfach nicht in die untere Ecke, wo er hin müßte, sondern hängt einfach so mehr oder weniger gerade hinein...

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  9. Wie hiess es so schön, als man noch Bajonette auf die Gewehre pflanzte: "Jeder Stoß a Franzos!"

    Nee im Ernst: Putzig ist die Grand Nation schon immer wieder mal. Aber Paris ist nun wirklich das ideale Testgelände für eine Neutronenbombe.

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