Samstag, 4. August 2012

Das Rauschen der Broderfälle

Wer schon so abgestumpft ist, daß ihm bei den Kolumnen von Jan Fleischhauer nicht mehr das kalte Kotzen kommt, der kann es ja immer noch mit Henryk Broder versuchen. Der berichtet in seiner Welt-Kolumne, daß er Filme guckt, in denen Boote Wasserfälle hinunter stürzen, weil die Besatzung sich nicht über die richtige Vorgehensweise einigen kann und der Kapitän schließlich darauf besteht, weiter auf den Wasserfall zuzuhalten. Zwar habe ich auch schon eine ganze Menge Filme gesehen, in denen Boote Wasserfälle hinuntergefahren sind, aber es war keiner dabei, in dem der Kapitän das so entschied, weil die Besatzung sich nicht einigen konnte.
Aber nicht nur den Inhalt von Filmen fantasiert sich Broder frei zurecht, auch seine politische Wahrnehmung hüpft munter durch seine eigene kleine Broderwelt. Da schimpft er auf einen Staat, der "Wohlfahrt und Wohlstand für alle garantieren" will, und das sogar noch "unabhängig von Herkunft, Leistung und Mentalität".  Er geifert gegen die "hauptamtlichen Helfer" als "Teil des Apparats", die womöglich alleinerziehende Mütter unterstützen sollen. Stattdessen lobt er Arbeitsmoral der "ethnisch und kulturell ziemlich homogenen" Dänen. Kleine Tatsachen, die ihm dabei nicht ins Bild passen, übersieht Herr Broder aber irgendwie. Etwa, daß ausgerechnet das dänische System erfolgreich darauf abzielte, Broders Albtraum wahr werden zu lassen und nur geringe Unterschiede im Lebensstandard zwischen Arm und Reich hervor brachte. Übrigens auch durch besonders umfangreiche soziale Betreuung mittels hauptamtliche Helfer. Da erinnert sich Herr Broder lieber an den einen Tag, den er wohl mal in Neapel verbracht hat, und berichtet von der arbeitsscheuen Palaverkultur im südeuropäisch-mediterranen Raum. Wie aber dieses permanent unterstellte arbeitsscheue Herumhängen dank Transferleistungen in den Mittelmeeranrainern damit zusammenpasst, daß gerade in diesen Ländern die staatlichen Sozialausgaben besonders niedrig sind - sowohl pro Kopf als auch relativ zum BIP als auch relativ zum EU-Durchschnitt? Denn während Broders den anderen nicht zur Last fallen wollenden Dänen verglichen mit ihrer Wirtschaftsleistung EU-weit am meisten für soziale Absicherung ausgeben, kommt von allen verdächtigen Mittelmeerländern allein Italien gerade mal auf den 27-Länder-EU-Durchschnitt bei Sozialausgaben (volle Statistik). Wie das alles mit seinen ausgefeilten Thesen zusammen passt, wäre interessant gewesen von Herrn Broder zu lernen. Er erklärt es aber nicht. Vielleicht ist er ja so empört über das Durchfüttern der faulen Südländer aus Anatolien, dem Maghreb und Neapel, daß er beim Verfassen seiner Arbeit nicht zum Nachdenken oder gar Nachforschen gekommen ist. Woher aber ausgerechnet Menschen, deren Lebensleistung sich darin erschöpft, solche dümmlichen Hetzpamphlete zur Stärkung der Vorurteile von Springerlesern hervorzuwürgen, das Selbstbewußtsein hernehmen, um die Arbeitsleistung ganzer Länder herabzuwürdigen, das ist mir ein weiteres Rätsel.

5 Kommentare:

  1. Ja, ach, Herr Broder.
    Und dass manche Leute, die ansonsten eigentlich total okay sind, nicht erkennen, was für ein Mensch das ist, macht mich an der ganzen Geschichte noch am traurigsten.

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    1. Stimmt. Aber man könnte ja noch etwas deutlicher werden beim nächsten Mal...!

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  2. Broder steht mal wieder an der Rampe und selektiert. Würg ist dagegen noch lecker. Beim nächsten Kötzerchen einfach mal laut Broooochder sagen, dat fluppt dann supi.

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  3. Weil es keine Kommentarkolumne zum Blog an sich gibt, äußere ich meine Begeisterung darüber, dass ich eben ein Bild mit dem Titel "The truth about TRUTH" gefunden habe pragmatischerweise doch einfach im neusten Post.
    http://9gag.com/gag/4929293

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    1. Nett!
      Und stimmt, vielleicht sollte ich auch Kommentare zum Blog allgemein zulassen! :)

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