Sonntag, 28. Februar 2010

Eine Lanze für den Agnostiker


Agnostiker scheinen als die Unentschlossenen zu gelten, als Menschen, die keinen klaren Standpunkt beziehen können oder wollen. Sie werden als übertrieben korrekt empfunden, oder sie wollen offenbar niemandem wehtun. Das macht sie für die Gläubigen zu einer belanglosen Randgruppe und für Atheisten zu stillschweigenden Gehilfen religiöser Umtriebe.

Deshalb möchte ich eine Lanze für den Agnostizismus brechen, und zeigen, daß agnostische Positionen nichts mit Prinzienschwäche oder Verzagtheit zu tun haben. Letztlich bevorzuge ich es trotz des damit verbundenen schlechten Rufes selber, als Agnostiker bezeichnet zu werden.
Die Abgrenzung zwischen Agnostizismus und Atheismus ist wohl nicht so ganz einfach. Folgen wir hier mal der Wikipedia und nehmen den Agnostiker als einen Menschen, für den die Frage nach der Existenz Gottes nicht entscheidbar ist, wohingegen ein Atheist diese Frage eindeutig negativ geantwortet, oder sie gleich für sinnlos hält. Und schon hier ist es wichtig, eine sorgfältige Unterscheidung zu treffen: Die Frage nach der Existenz Gottes ist ganz verschieden von der Frage nach dem Wahrheitsgehalt irgendeiner Religion. Die Religionen, die hier eine Rolle spielen, das Christentum, das Judentum, der Islam, glauben allesamt an eine göttliche Offenbarung, und daß diese Offenbarung in einem Buch erfaßt ist. Und dem Agnostizismus geht es nicht darum, daß es unentscheidbar sei, ob dieses oder jenes Buch die göttliche Offenbarung enthält. Sicherlich, streng genug gesehen kann man diese Frage nicht entscheiden. Aber genauso wenig könnte man ausschließen, daß "Alice im Wunderland" oder "Matrix" eine göttliche Offenbarung enthält. Und auf einen so naiven, grundsätzlichen Zweifel wird sich der Agnostiker nicht festlegen lassen wollen. Insofern ist der Agnostizismus sehr wohl mit der entschiedenen Ablehnung aller Religionen, seien es Katholizismus, Protestantismus, Judentum, oder was auch immer, vereinbar. Und im Folgenden geht es nicht um den Gott des Volkes Israel, oder den Gott des Christentums, sondern um einen grundsätzlicheren, abstakteren Gottesbegriff. Gott als "höchstes denkbares Wesen" oder als "der Erste Grund" mögen Beispiele für solche Gottesbegriffe sein. Hier sei unter Gott der Träger eines Willens gemeint. Dies um die Personalität Gottes sicherzustellen, und sicherlich werden nahezu alle Gläubigen zustimmen, daß Gott über einen Willen verfügt. Und Gott soll die Macht zur Erschaffung der Welt haben. "Welt" umfasse dabei alles außer Gott selbst: Raum, Zeit, Materie,... Dies gefällt mir als Anforderung an Gott besser als Allmacht oder Allwissenheit, da solche Begriffe sich sehr leicht in Widersprüchlichkeiten verwickeln.
Schwieriger noch als die Frage, was man unter "Gott" verstehen will, ist die Frage, was man denn mit "existiert" meint. Ich bin versucht, da "carnapistisch" heranzugehen und zu behaupten, das existiert, wofür es innerhalb einer Sprache einen Ausdruck gibt. Oder, etwas allgemeiner, was existiert hängt von dem zugrundegelegten Bezugsbereich ab. So existieren Einhörner innerhalb der Mythologie, wenn auch nicht innerhalb der physischen Welt. Nun wird niemand bestreiten, daß es Gott gibt als einen Ausdruck innerhalb der Theologie. Das ist aber kaum das, womit sich Gläubige zufriedengeben werden. Gott muß noch auf eine andere Weise existieren, wenn seine Existenz behauptet wird. Man kommt in den Religionen also nicht umhin, verschiedene Bezugsbereiche zu unterscheiden, innerhalb deren etwas existieren kann. Erst mal ist da die physische Welt, die "Außenwelt". Man muß sie als existierend annehmen. Denn wenn es heißt, daß Gott die Welt erschaffen hat, er dem Volke Israel das Gelobte Land versprochen hat, und daß Jesu Grab leer war, dann muß es eine Welt geben, die geschaffen wurde, ein Volk Israel und ein Gelobtes Land und ein Grab geben. Außerdem muß es die Welt des menschlichen Geistes geben. Jeder kann da seine eigene geistige Welt erleben, und wenn es heißt, daß Gott Jakob im Traum erschien, dann muß auch Jakob eine geistige Welt gehabt haben. Und nun existieren Zebras in der physischen Welt und in der menschlichen Vorstellungswelt, Einhörner nur in der menschlichen Vorstellungswelt, und Gott? Gott soll nicht nur in der menschlichen Vorstellung existieren, aber sicherlich auch nicht als Bestandteil der physischen Welt, so wie ein Tisch, ein Zebra oder ein Stern existieren. Also braucht man als gläubiger Mensch noch eine dritte Domäne der Existenz, in der man Gott ansiedeln kann, wenn man von der Existenz Gottes spricht. Und in diese Domäne kann man gleich auch all das übrige religiöse oder esoterische Inventar einsortieren, die Engel, die Seelen der Verstorbenen, und was man sonst noch so möchte.
Sind wir nun erst mal pingelig: wie könnte man beweisen, daß es eine solche Domäne nicht gibt? Da sie von der physischen Welt unabhängig ist und allenfalls punktuell und unvorhersehbar mit ihr interagiert (durch Wunder, z.B.), versagen die empirischen Methoden der Überprüfung. Man kann die Existenz Gottes nicht so ausschließen, wie man ausschließen könnte, daß der Mond aus Käse bestünde. Die andere Möglichkeit, die Existenz einer solchen "Realitätsebene" zu widerlegen, wäre, ihr logische Widersprüchlichkeit nachzuweisen. Also etwa zu zeigen, daß die Annahme der Existenz Gottes in sich widersprüchlich ist, so wie die "Menge aller Mengen, die sich selber nicht enthalten" in sich widersprüchlich ist. Doch das scheint ei Gott nicht der Fall zu sein. Also kann man nicht zu dem sicheren Schluß gelangen, daß Gott nicht existiert.
Gut, diese Überlegung ist sehr, nun ja, prinzipiell, und ich würde eine agnostische Position auch nicht mit ihr rechtfertigen. Und die atheistische Kritik am Gottesbegriff hört hier ja nicht auf. So möchte man sicher gerne entgegenhalten, daß selbst wenn man die "dritte Existenzebene" und damit Gott nicht ausschließen kann, sie doch zumindest vollkommen überflüssig sei. Denn die Annahme Gottes hat keinerlei Erklärungskraft. Die Welt ist, wie sie ist, weil Gott sie so will. Und wäre sie anders, als sie ist, dann hätte Gott sie anders gewollt. Eine solche Argumentation erklärt absolut alles, und eben daher im Grunde gar nichts. Der Wert einer Hypothese liegt gar nicht so sehr in dem, was die Hypothese erlaubt, sondern darin, was sie ausschließt. Und die Hypothese der Existenz Gottes schließt gar nichts aus. Und man könnte, wie im Falle Gottes, die Existenz vieler "neutraler", d.h. durch ihre Existenz nichts ausschließender Entitäten postulieren. Und auch wenn man nicht logisch oder empirisch gezwungen ist, ihre Existenz zu verwerfen, so ist man es aus pragmatischen Gründen. Sie sind schlicht bedeutungslos. Der verbleibende Zweck des Begriffs Gott ist lediglich, Diskussionen abzubrechen, indem man einen nicht mehr weiter hinterfragbaren Willen einführt.
Sehen wir uns aber nun die Alternativen zum Gottesglauben an. Stellen wir uns die romantische Situation vor, des Nachts in den Sternenhimmel zu blicken, und die Frage zu stellen, warum die Welt da ist, und warum sie so ist wie sie ist. Damit sei nicht nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten gefragt, die Sterne zum Leuchten bringen oder zur Entstehung der Erde geführt haben, sondern nach dem Grund, wehalb es überhaupt ein Universum mit Raum und Zeit und Materie da ist, oder weshalb es die Gesetzmäßigkeiten gibt, die zur Entstehung der Erde geführt haben. Eine solche Frage erst einmal aufzuwerfen erscheint mir völlig legitim. Immerhin scheint der menschliche Geist sehr darauf eingerichtet zu sein, in der Außenwelt nach Struktur, Ordnung und Regelmäßigkeit zu suchen. Letztlich ist selbst die Überzeugung, daß es sowas wie Naturgesetze gibt, Ausdruck dieses Verlangens nach Ordnung und Kausalität. Es gibt nun drei Möglichkeiten, auf eine solche Frage zu reagieren. Ersten kann man bequem entgegenhalten, daß alles so dem Willen Gottes folgt. Diese Erklärung haben wir aber schon als unbefriedigend zurückgewiesen. Zweitens könnte man entgegenhalten, daß alles Zufall sei, so wie es ist, vollkommen grundlos. Schließlich besteht keinerlei logische Notwedigkeit, das Kausalitätsprinzip auf das Universum als ganzes zu übertragen. Eine solche Argumentation eignet sich schließlich auch gut gegen den kosmologischen Gottesbeweis. Und doch ist diese Antwort zweifellos genauso unbefriedigend wie das Gottesargument. Sicherlich, es könnte natürlich alles Zufall sein. Genauso gut könnte es aber auch alles Gottes Wille sein. Als drittes bleibt noch, diese Frage für grundsätzlich nicht beantwortbar zu halten. Ich schließe mich da der letzten Sichtweise an. Denn was außerhalb von Kategorien wie Raum, Zeit oder Kausalität liegt, übersteigt nun einmal sowohl das menschliche Vorstellungsvermögen als auch jede Erfahrung. Ist es nun aber sinnlos, sich mit einer Frage zu beschäftigen, die prinzipiell nicht beantwortbar ist? Bevor nun pragmatische Menschen gegen vermeintliche Mystik anlaufen und vorschnell mit "ja" antworten: eine positive Antwort akzeptiere ich nur, wenn sie mit einer Diskussion daher kommt, wie sich dies in Hinblick auf die Frage "Ist jede unendliche Teilmenge der reellen Zahlen entweder abzählbar oder zu den reellen Zahlen gleichmächtig?" verhält.
Nun ist die Frage nach der Existenz Gottes umformuliert zur Frage nach der Ursache und dem Sinn des Universums. Gott ist dabei eine mögliche Antwort auf diese unentscheidbare Frage, und dabei so unbefriedigend wie alternative Antworten auch. Aber dennoch ist die Beschäftigung mit dieser Frage nicht sinnlos. Man kann womöglich eine Analogie zur Beschäftigung mit der Kontinuumshypothse ziehen. Eine Auseinandersetzung damit kann zu interessanten Überlegungen führen, trotz der Unmöglichkeit einer definitiven Antwort. Aber letztlich geht es dabei nicht darum, wie man die Frage für sich selber beantwortet, sondern daß man sie als das akzeptiert, was sie ist, nämlich eben unentscheidbar. Und da ist mir der Agnostizismus dann lieber als ein Atheismus, der sich vorschnell auf eine Antwort festlegt oder die Frage gleich komplett verwirft.

Samstag, 20. Februar 2010

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

Sehr interessant sind die immer wieder vorkommenden Schulterschlüsse von Moslems und Christen. Ob z.B. beim Streit um öffentliche Kruzifixe oder bei Karnevalskostümen mit christlichen Motiven, Moslems betonen die Bedeutung christlicher Symbole in "unserer" Kultur und den Schutz religiöser Gefühle, auch die anderer Konfessionen. Und wenn es zu einer solchen "interreligiösen Allianz gegen die Säkularisierung" kommt, dann zeigt das schon, von wem die wahre Gefahr für religiösen Zinnober aller Art ausgeht. Denn Christen und Moslems können sich auf demselben Niveau streiten, wenn es darum geht, ob jetzt die Bibel oder der Koran die wahrere Offenbarung Gottes sei. Denn beide Parteien sind sich darüber einig, daß Vernunft in solchen Debatten keinerlei Rolle spielt. Wie sollte sie auch, wenn die einen ein Stückchen Pappteig essen, weil sie so am Fleische ihres Erlösers teilzuhaben glauben, während die anderen der Überzeugung sind, fünfmal am Tag ihren Hintern in der Mekka entgegengesetzen Richtung in die Luft recken zu müssen, um ihrem Gott zu gefallen.
Und so ist es die Vernunft, von der für beide Parteien die gleiche Bedrohung ausgeht. Nämlich die, sie als Argument zu benutzen, um all solche Praktiken und die zugehörigen Symbole ins Private zurückzudrängen. Naiv könnte man fragen, was für Gläubige daran so schlimm sein sollte. Aber keine der beiden Religionen ist offenbar mit dem Privaten zufrieden. Beide wollen gesellschaftliche Bedeutung und Einfluß. Denn zumindest der christliche und der islamische Gott will ja über alle Menschen herrschen (Wieviel angenehmer ist da doch der jüdische Gott, der nur einem einzigen auserwählten Volk die Tage versauern will). Und das ist dann spätestens der Moment, an dem man die übliche Verteidigung der Gläubigen, "Laß' uns doch", "Wir lassen Dich ja auch glauben was Du willst", "Glauben ist eine persönliche Entscheidung", als dummes oder verdummendes Geschwätz verlachen sollte.
Manchmal könnte man fast meinen, der "aggressive Atheismus" sei noch nicht aggressiv genug...

Dreimal abgesägt und immer noch zu kurz

Er macht weiter, und ich muß es auch... Westerwelle legt nach und schreit nach mehr Druck auf "arbeitsunwillige" Empfänger von Hartz IV. Genau: drei mal abgesägt und immer noch zu kurz. Und damit scheint er auch noch gut anzukommen. Was soll diese blödsinnige, populistische Diskussion, die immer wieder aufs Neue aufkommt? Könnte es vieleicht sein, daß es schlicht nicht genug Arbeitsplätze gibt? Und das mehr Druck auf Arbeitslose auch nicht zu mehr Stellenangeboten führt? Und das, selbst wenn es einen erheblichen Anteil Arbeitsunwilliger unter den Arbeitslosen gäbe, dies völlig belanglos wäre, weil es selbst für den Rest an Arbeitswilligen noch nicht genug Stellen gäbe?
Ein schneller Blick in den Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit für Januar 2010, und man findet das Zitat: "Nicht saisonbereinigt hat der gesamte Stellenbestand im Januar gegenüber dem Vormonat um 4.000 auf 457.000 abgenommen." Außerdem steht da: "Neben den gemeldeten Stellen kennt die Bundesagentur weitere Stellen. Im Januar waren das 222.000 aus ihrer Jobbörse, 137.000 aus dem Job-Roboter und 7.000 für Selbständige und aus der privaten Arbeitsvermittlung." Das Addieren ist jetzt sicherlich problematisch, da es eine unbekannte Rate an Mehrfachnennungen unter den freien Stellen gibt. Aber mit Sicherheit kommt man auf weniger als 686.000 offene Stellen. Und dann steht dann noch: "Die Arbeitslosigkeit ist von Dezember auf Januar um 342.000 auf 3.617.000 gestiegen." Also auf 3.6 Mio. Arbeitlose kommen demnach höchstens 0.7 Mio. freie Stellen. Und die freien Stellen scheinen auch ganz gut weg zu gehen: "Die durchschnittliche Vakanzzeit der im Januar abgemeldeten Stellen, also die Zeit, in der der Arbeitsplatz zu besetzen war, belief sich auf 71 Tage, das waren 10 Tage weniger als vor einem Jahr."
Und wenn man sich jetzt noch die Langzeitstatistik ansieht, dann scheint Arbeitslosigkeit nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel zu sein (alles über 1% ist arbeitsscheues Gesindel?):
Ja, angesichts solcher Zahlen verstehe ich es natürlich sofort, daß dringend mehr Druck auf das arbeitsscheue Pack notwenig ist, um es endlich aus der Arbeitslosigkeit raus zu bekommen und das ewige Schmarotzen zu beenden...! Wirtschaftswissenschaften scheinen komplizierter zu sein, als ich mir das in meiner Naivität vorstellen kann.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Am Ende der Galaxie geht's weiter...

Was ich z.B. im Zeit-Pluto-Quiz weiß, ist daß Pluto in etwa so nahe am Ende unserer Galaxie ist wie mein Kühlschrank...
Wie schön, daß selbst Die Zeit ihre Quizstrecken zur Astronomie von Leuten betexten läßt, die nicht mal das Was-ist-Was-Buch "Astronomie" gelesen haben...

Sehr schön übrigens auch die Illustration der Rötung von Pluto während der letzten Jahre:
Sieht noch viel beeindruckender aus als in der Pressemeldung! Und sogar die beiden Hintergrundsterne sind in beiden Bildern wieder an der selben Position. Sachen gibts...!

Mittwoch, 17. Februar 2010

Mit der Hand im Schritt der FDP

Ich habe mich ja schon viel über das Christentum ausgelassen und mich bitterlich beschwert. Nun soll mein Augenmerk mal auf eine andere Sekte gerichtet sein, deren Thesen mindestens genauso absurd sind, und die in jüngster Zeit erheblich an Einfluß gewonnen hat: reden wir über die FDP. Gleich vorweg gesagt, ich lehne klassisch liberale Positionen gar nicht grundsätzlich ab, nein, manchen würde ich sogar mit Nachdruck zustimmen. Aber die Frage ist, was das mit der gegenwärtigen FDP zu tun hat. Selbst 150 Jahre alte Thesen eines John Stuart Mill überragen intellektuell und sittlich die Parteipolitik der FDP wie sonst höchstens Milla Jovovich die Zombiehorden überragt. Ich sehe die Klientel geradezu vor mir, die Hand im Schritt, heftig reibend, und dabei stöhnend: "Leistung... oh ja, Leistung... Ich bringe so geile Leistung..." Und bei solcher Freude an der eigenen Leistung ist es ja auch kein Wunder, daß diese sich endlich lohnen soll, und daß finanzielle Verantwortung für das Gemeinwesen oder gar für Bedürftige eine erhebliche Zumutung darstellt. Aber was steckt dahinter? Damit sind wir bei der zentralen These dieses Textes: FDP-Unterstützer sind entweder
a) doof
b) frustriert
c) asozial
Die Möglichkeit beliebiger Kombinationen aus a), b) und c) sei dabei ausdrücklich mit eingeschlossen. Und die Argumentation für diese These geht etwa wiefolgt:
Offenbar ist die hohe Meinung über die eigene Leistung ein subjektives Phänomen. Der Satz "Leistung muss sich lohnen." enthält schließlich immer implizit die Bedeutung "meine eigene Leistung". Woher aber kommt eine so hohe subjektive Meinung in Bezug auf die eigene Leistung? Es ist durchaus gut denkbar, daß es einen Menschen gibt, der beruflich erfolgreich ist, eine gewisse Anerkennung bekommt, und der nicht ständig auf seine großen Leistungen im Leben pocht. Gut, die Arbeit mag mal mehr, mal weniger stressig sein, aber im Schnitt mag er ganz gut damit klar kommen, sich nicht selbst ausbeuten und totschuften, und sogar Spaß bei seiner Arbeit haben. Damit sind wir bei Punkt a). Der FDP-Unterstützer ist einfach ein bißchen zu blöde für seine Arbeit. Schon das BWL-Studium war das härteste Studium, das es gibt, nun jetzt, als "Deputy Project Manager Risk Evaluation" bei der Stadtsparkasse Osnabrück, ist er ständig an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Sicher, er hätte, anstatt sich so zu quälen, auch Pizzafahrer werden können. Damit wäre er gut zurechtgekommen, aber das hätte nicht so viel Geld und Anerkennung gebracht. Also quält er sich Tag ein, Tag aus, um mit seinem Hirn im Beruf mithalten zu können. Natürlich kommt ihm da seine eigene Leistung geradezu ungeheuerlich vor. Aber fragen wir gleich an dieser Stelle die moralische Frage: Kann die Überforderung im Beruf als Rechtfertigung für politische Forderungen herhalten? Wohl kaum.
Aber der FDP-Wähler muß ja nicht unbedingt zu doof für seine Arbeit sein. Er kann auch (Punkt b) einfach frustriert sein. Eigentlich wäre er gerne Lokführer geworden, oder Tierarzt, aber Mutter wollte ja unbedingt, das er das Juraexamen macht. Und nun sitzt er da, und es kommt auch jede Menge Kohle bei rüber, aber er haßt jede Minute, die er in seinem Beruf verbringt. Und natürlich erscheint ihm auch da seine eigene Leistung viel größer als etwa die eines Lokführers, der sich nur seinen Hintern platt sitzt, oder die eines Tierarztes, der seine Tage damit verbringt, flauschigen Kaninchen Medikamente in die Augen zu träufeln. Aber auch hier die Frage: Kann eine schlechte Berufswahl politische Forderungen rechtfertigen? Sicher nicht.
Als letztes haben wir noch die Möglichkeit c). Womöglich ist er gar nicht in der Lage, die Leistungen anderer anzuerkennen (der Pförtner in unserer Firma macht schon 12-Stunden-Schichten, und braucht trotzdem noch eine Gehaltsaufstockung durch Hartz IV). Oder er bemerkt gar nicht, daß andere nicht die Möglichkeit geboten bekommen, Leistung zu erbringen (ein arbeitsloser 50-jähriger Schlosser ist selber Schuld. Wie kann man in dieser globalisierten Welt nur einen so hoffnungslosen Beruf gewählt haben?). Solche Phänomene seien unter dem Begriff "asozial" zusammengefasst. Und natürlich sind solche seelischen Defizite auch keine Rechtfertigung für irgendwelche politischen Forderungen.
Mehr Gründe für eine übersteigerte Selbsteinschätzung fallen mir nicht ein. Wenn ich was übersehen habe, lerne ich aber gerne noch dazu.
Was bleibt nun? Verachtung für den FDP-Wähler ist sicherlich fehl am Platze. Denn immerhin liegt das Verschulden für die genannten Probleme nicht bei der Person selber. Wir sollten nicht vergessen, das solche Menschen in einer Atmosphäre "geistigen Sozialismus'" beträchtliche seelische Qualen erdulden müssen. Aber unser Mitgefühl darf auch nicht dazu führen, diesen Menschen zu sehr entgegen zu kommen, sie gar noch in ihren Problemen zu bestätigen. Vorsichtig, behutsam, müssen wir sie mit der Realität konfrontieren. Ein guter Anfang wäre vieleicht, ihnen einfühlsam klar zu machen: das folgende Zitat stammt nicht aus dem Kommunistischen Manifest, und auch nicht aus einer Rede Erich Honeckers. Nein, es stammt aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 14, Absatz 2:
"Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Dienstag, 16. Februar 2010

Von Rindern, Bischöfen und Ministern

Diese Tage gab es wirklich tolle Erkenntnisse: Außenminister Westerwelle erkennt in Hartz IV eine Verführung zu römisch-spätantiker Dekadenz. Und Bischof Mixa findet, daß der Zölibat keine Bedeutung in Hinblick auf Fälle sexuellen Mißbrauchs durch Priester hat, wohl aber der aufklärerisch-liberale Zeitgeist. Und da hat mein Deutschlehrer mir für meine Abiturarbeit eine Fünf gegeben, weil meine Gedichtinterpretation weder Hand noch Fuß gehabt hätte! Da würde ich jetzt ziemlich ratlos in die Welt gucken, hätte mir nicht mein Lateinlehrer die Erklärung mit auf den Lebensweg gegeben: "Quid licet Iovi, non licet bovi..."

Sonntag, 14. Februar 2010

Verfassungsfeinde im Schafspelz

Die Monstrosität und Absurdität des Alten Testaments aufzuzeigen ist leicht und beliebt. Immerhin bieten sich so viele Geschichten mit aufgeschlitzten Bäuchen, abgeschlagenen Köpfen und vergewaltigten Frauen an, dem zivilisierten Menschen vor den Kopf zu stoßen, daß es schon schwer fällt, die "besten" davon auszuwählen. Allerdings bleibt doch dabei immer der Ausweg der Gläubigen, das Alte Testament sei veraltet, vom Neuen Testament und seiner Botschaft der Liebe überholt, und letztlich gar nicht typisch christlich.
Daher seien hier mal ein paar rein neutestamentarische Zitate ausgewählt, die zwar nicht die Knalleffekte des AT bieten, aber doch schön mit z.B. dem Deutschen Grundgesetz kontrastieren:

Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, wie es sich im Herrn geziemt.
Kol. 3, 18

"Männer und Frauen sind gleichberechtigt."
GG Artikel 3 (2)


Denn es gibt viele Ungehorsame, Schwätzer und Schwindler, besonders unter denen, die aus dem Judentum kommen.
Diese Menschen muss man zum Schweigen bringen, denn aus übler Gewinnsucht zerstören sie ganze Familien mit ihren falschen Lehren.

Tit. 1, 10-11

"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Eine Zensur findet nicht statt."
GG Artikel 5 (1)


Als Jesus noch mit den Leuten redete, standen seine Mutter und seine Brüder vor dem Haus und wollten mit ihm sprechen. Da sagte jemand zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir sprechen. Dem, der ihm das gesagt hatte, erwiderte er: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?
Und er streckte die Hand über seine Jünger aus und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.

Mt. 12, 46-50

"Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung."
GG Artikel 6 (1)


Jeder soll in dem Stand bleiben, in dem ihn der Ruf Gottes getroffen hat. Wenn du als Sklave berufen wurdest, soll dich das nicht bedrücken; auch wenn du frei werden kannst, lebe lieber als Sklave weiter.
1. Kor. 7, 20-21

"Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen."
GG Artikel 12 (1)


Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt.
Röm. 13, 1

"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus."
GG Artikel 20 (2)


Wer das Gesetz des Mose verwirft, muss ohne Erbarmen auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin sterben.
Hebr. 10, 28

"Die Todesstrafe ist abgeschafft."
GG Artikel 102

Tja. Und der Bundespräsident Köhler betrachtet doch tatsächlich die Bibel, nicht das Grundgesetz, persönlich als das wichtigste Buch. Werden Köhler und die christlichen Kirchen eigentlich vom Verfassungsschutz überwacht?

Donnerstag, 11. Februar 2010

Vertrauen ist gut, Teewurst ist besser

Vertrauen ist ein kostbares Gut, das zudem noch zerbrechlicher ist als eine Christbaumkugel. So kann bereits der Missbrauch einer Essensmarke für 80 Cent das Vertrauen des Arbeitgebers in einen Mitarbeiter so sehr zerrütten, das nur eine fristlose Kündigung bleibt, um die Firma vor dem potentiellen Schwerkriminellen zu schützen. Oder auch beim Unterschlagen eines Pfandbons (1,30 EUR), oder der Diebstahl übrig gebliebener Maultaschen (sechs Stück), oder von Teewurst (für ein Brötchen). Mehr Beispiele liessen sich finden. Und ich finde, es ist höchste Zeit, das nun die Kunden auch endlich zurückschlagen und potentiell räuberische Firmen konsequent meiden.
So hatte mir zum Beispiel ein Telefonanbieter für mehrere Wochen eine Telefonleitung in Rechnung gestellt, die zu der Zeit gar nicht funktioniert hat. Und für das Geld hätte ich mir schon eine Menge Teewurst kaufen können! Gut, inzwischen habe ich den Anbieter gewechselt, aber der Neue hat mir einen Monat lang eine Leistung zur Verfügung gestellt und berechnet (6,50 EUR!), die ich gar nicht bestellt hatte. Ich sollte den Anbieter wieder wechseln, denn wer weiß schon, was er mir in Zukunft noch alles an manipulierte Rechnungen schicken wird. Oder nehmen wir die Supermärkte! Hier lauert der dreiste Betrug in barer Münze, aber die Situation ist noch schwieriger. So hatte mir die Verkäuferin im nächstgelegenen Supermarkt vor nicht allzu langer Zeit 70 Cent zu wenig an Wechselgeld herausgegeben. Ich will mal offen lassen, ob dies die Untat einer Einzelperson war, oder ob die gesamte Marktleitung mit unter der Decke steckt. Auf jeden Fall sollte mein Vertrauen so nachhaltig zerstört sein, das ich dort nicht mehr einkaufen kann. Aber es ist nur ein weiterer Supermarkt innerhalb zumutbarer Laufreichweite. Und dort hatte man mir schon mal eine einzige Packung Tee (25 Beutel, 1,39 EUR) zweimal durch die Kasse gezogen! Der fällt also auch aus. Nun muss ich wohl immer den Bus nehmen, wenn ich Tee brauche. Auch ja, und der Bus natürlich! Diese Woche noch hat ein Busfahrer von mir den Berufsverkehrspreis (3,20 EUR) verlangt anstatt des Off-peak-Preises (2,50 EUR). Und erst später habe ich bemerkt, das zum Zeitpunkt der Kaufes die Berufsverkehrszeit bereits seit drei Minuten vorbei war! 70 Cent zu viel, für 20 min Fahrzeit! Holländischen Verkehrsunternehmen traue ich also besser auch nicht mehr.
Was, man darf sowas nicht zu streng auslegen? Bagatellen kommen nun mal vor? Und vieleicht haben sie sich ja nicht mal groß was dabei gedacht? Das ist dann wohl der Unterschied: niemand hat ein Interesse daran, einen überzähligen Supermarkt rauszukicken - aber um überzählige Arbeitnehmer los werden zu konnen, da nimmt man, was man kriegen kann! Und wenn das Gesetz nicht widerspricht, dann wird die unsichtbare Hand des Marktes das schon regeln. Von gerecht war nie die Rede.

Freitag, 5. Februar 2010

Sex haben und nicht mal erstaunt darüber sein

Nach und nach kommt immer mehr über Fälle von Kindesmissbrauch durch Mitarbeiter der katholischen Kirche in Deutschland ans Licht. Und was fällt der Kirche nun dazu ein? Genau: Die anderen sind ja auch nicht besser.
So hatte Bischof Müller aus Regensburg in einem Interview gesagt:
"Wenn ein einzelner Staatsbürger, der in der Kirche als Priester dient, ein Kind sexuell missbraucht hat, werden gleich der ganze Priesterstand und die Kirche insgesamt verdächtigt. Es ist doch eigentlich Standard des Rechtsstaates, dass jeder nur für seine eigene Tat Verantwortung zu übernehmen hat und nicht auch derjenige, der in derselben Straße wohnt, zur selben Familie oder Firma gehört. Wenn sich ein Sportlehrer, Arzt, Richter oder Verwandter an einem Kind vergangen hat, kann man unmöglich alle Sportlehrer, Ärzte, Richter oder Verwandten unter Generalverdacht stellen."
Wohl war. Und der Jesuit Eberhard von Gemmingen meinte heute in einem Interview in Bezug auf einem ihm bekannten Päderasten:
"Der hat gesündigt, wenn ich das so sagen darf."
Ja, darf er. Und was noch?
"Aber leider laufen in Deutschland noch viele andere Sünder rum, auf die niemand mit dem Finger zeigt."
Nun ist der Verweis auf die Fehler und Vergehen anderer schon die hilfloseste und billigste Verteidigung, die man nur hervorbringen kann. Aber im Falle der katholischen Kirche bekommt diese Strategie einen besonders abstoßenden Geschmack. Denn was sagt die Kirche denn über sich selbst? Was ist denn so die Aufgabe der Kirche? "In dieser Welt geht es nicht nur gerecht zu. Immer wieder stoßen wir auf materielle und seelische Not, im persönlichen Umfeld ebenso wie in der globalen Perspektive. Dazu beizutragen, diese Not zu lindern und Ungerechtigkeiten zu beseitigen, ist Aufgabe des Christen und der Kirche." Wohl gesprochen. Und warum äußert sich die Kirche zu gesellschaftlichen Problemen? "Es geschieht aber auch in der Erfüllung ihres eigenen Auftrags, wie er ihr vom Evangelium her - im Gebot der Nächstenliebe und im Eintreten für Gerechtigkeit - aufgegeben ist." Nächstenliebe und Gerechtigkeit. Nicht schlecht. Mein Sportlehrer hat sich nie in diesem Auftrag an mich gewandt. Aber wie ist das jetzt mit den Priestern? Was hat es denn mit der Berufung zum Priester auf sich?
"Eine besondere Form, seine Berufung als Ganzhingabe an Gott zu leben, finden wir in den Berufungen zu Priester, Diakon, Ordenschrist."
Eine besondere Form - und was gehört da dazu? "Ein Zeichen einer Ordensberufung könnte sein, wenn mich der Verzicht auf Ehe, auf sexuelle Beziehung und eigene Kinder zwar schmerzt, in mir aber doch eine liebende und tragfähige Freundschaft zu Jesus Christus wächst, die mich dazu drängt, Jesus diesen Verzicht zu schenken, um Ihm ganz anzugehören." Keine Ehe, keinen Sex, aber Jesus. Schön und gut, wenn man's mag. Aber die Latte für sich selber so hoch zu hängen, um dann auf andere Verbrecher zu zeigen, wenn nicht einfach nur "Mitarbeiter", sondern "Berufene" gegen elementare ethische Regeln verstoßen - das ist schon erbärmlich. Aber immerhin weiß der Jesuit auch, warum manche über die schlechten Nachrichten aus der Kirche gar nicht erstaunt sind: "Es sind etliche nicht erstaunt, weil sie von der Kirche immer schon schlecht gedacht haben." Und vieleicht hatten sie damit auch schon immer recht.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Der Wille Gottes

Eine Frage hat mich in der letzten Nacht, als ich von Einschlafproblemen geplagt wurde, wieder beschäftigt: Kann man aus der Beobachtung der Welt an Vertrauen in Gottes Existenz gewinnnen? In der Diskussion des teleologischen Gottesbeweisen vor einiger Zeit bin ich ja bei der Erkenntnis angelangt, das dies aus der Existenz der Naturgesetze formal nicht der Fall ist. Aber wenn man etwas tiefer stapelt? Oder kann die Betrachtung der Welt gar Argumente fur die Nichtexistenz Gottes liefern?
Nehmen wir noch einmal den Fall der Naturgesetze. Der Argumentation nach waren sie eine Schöpfung Gottes. Oder anders gesagt, es ist Gottes wille, das sich die Objekte der Natur gemäß bestimmter Regeln verhalten. D.h., Naturgesetze sind letztlich nichts anderes als eine Manifestation von Gottes Wille, in einer Form, in dem wir ihn auch erkennen können. Zwar sind die Naturgesetze ziemlich geeignet, gerade uns Menschen hervor zu bringen, aber man kann dem entgegen halten, das die Menschen nüchtern betrachtet eine klare Randerscheinung des Universums sind. Das Universum ist so erstaunlich viel größer als die Erde. Und die Erde umkreist einen durchschnittlichen Stern unter Milliarden am Rand einer Galaxie unter Milliarden... Gott als allmächtiges Wesen hätte, würde es ihm vorrangig um die Menschen gehen, zweifellos ein praktischeres Universum erschaffen können. Eines mit der Erde als Scheibe, in deren Zentrum Jerusalem liegt, und die von einer Himmelskuppel überdacht ist, an der die Gestirne ihre Bahnen ziehen. Und wenn wir mit einer Rakete zum Himmel flögen, träfen wir auf diese Kuppel und könnten die Sonne als eine perfekte helle Scheibe aus der Nähe betrachten, wie sie dort ihre Bahn zieht. Diese Vorstellung mag einem heute naiv vorkommen, und man wird sie vor allem als unvereinbar mit den Naturgesetzen verwerfen. Doch wären in einer solchen Welt die Naturgesetze einfach nur andere. Es wäre eben Gottes Wille, das die Sonne an der Kuppel auf bestimmte Weise entlang gleitet. In einer solchen Welt wäre es viel einfacher, an Gott zu glauben, und man würde die Naturgesetze dieser Welt vieleicht auch einfach nur Gottes Wille nennen.
Ist dann jede wissenschaftliche Entdeckung, die Kugelgestalt der Erde, die Größe des Weltalls, nicht ein Argument gegen einen Gott, der an den Menschen interessiert ist? Und zwar in dem Sinne, dass z.B. ein so großes Universum wahrscheinlicher ist unter der Hypothese, das es keinen an Menschen interessierten Gott gibt, als unter einer gegenteiligen Hypothese?
Auch hier könnte man wieder einwenden, es sei vermessen, Gott bestimmte Handlungen nahezulegen. Aber außerdem mag man, wenn man dies akzeptiert, jetzt entgegen halten, das das Universum zwar sehr groß sei, das aber alleine der Umstand, das scheinbar unbedeutende Menschen die Naturgesetze des Universums erkennen können, gegen die Nichtigkeit der Menschheit spricht. Ist es denn nicht erstaunlich, das wir überhaupt etwas vom Universum verstehen können, und das die Logik in unseren Köpfen bis zu den entfernten Sternen reicht?
Aber es ist durchaus fraglich, wie weit der Verstand wirklich reicht. Schließlich haben wir zwar eine Vorstellung davon, wieviel mehr wir inzwischen von der Welt wissen als vor Jahrhunderten. Wir wissen quasi, von wo aus wir losgelaufen sind. Aber wir können gar nicht wissen, wie weit der Weg noch ist, wieviel mehr es noch zu verstehen gibt. Und erst recht konnen wir nicht wissen, ob unser Denken für diese Erkenntnisse ausreicht. So betrachten manche den Versuch, die Mathematik auf die Logik zurückzuführen, alleine deshalb als gescheitert, weil naive Mengenbildungen zu Widersprüchen führen, und alle Auswege über die typische Logik hinausführen. Aber man könnte doch annehmen, das umgekehrt eben die Logik nicht die richtige ist, und das dieser Begriff zu eng gefasst ist, um die Mathematik völlig aufzunehmen. Und mit der Mathematik auch die Physik, die Chemie.
So könnte die Diskussion noch eine Weile hin und her gehen. Klar scheint mir aber, das die Plausibilität der Argumente beider Seiten nur von der persönlichen Gewichtung abhängt. Und es gibt keinen Weg, zu einer objektiven Gewichtung zu gelangen. Insofern kann man viel über Gotteserkenntnis spekulieren, wenn man sich die Welt um einen herum näher betrachtet. Zu irgendwelchen objektiven Erkenntnissen wird man dadurch nicht gelangen. Zumindest nicht in Bezug auf den Menschen.