Donnerstag, 13. Juni 2013

Das weibliche und das männliche Defizit

Herrn Prof. Dr. Jack Nasher von der Munich Business School habe ich ja vor Kurzem schon mal erwähnt, als ich mir Sorgen gemacht habe, ob diese Business-Fuzzis womöglich wirklich so doof sind, wie sie daher kommen. In seiner aktuellen Focus Online-Kolumne ("Für FOCUS Online berichtet er selbst über seine Erkenntnisse") war Prof. Nasher so freundlich, diese Frage endlich zu beantworten. Unter dem Titel Das weibliche Defizit - Frauen bekommen weniger Gehalt - und sind oft selbst schuld  stellt er fest:
"Wenn eine 22-jährige Berufsanfängerin ein Jobangebot in Höhe von 25 000 Euro annimmt, ein gleichaltriger Mann es aber auf 30 000 Euro hochhandelt und beide bis zu ihrem 65. Lebensjahr arbeiten, dann hat der Mann in diesem Zeitraum, bei einer Lohnsteigerung um jährlich 3 Prozent, insgesamt 360 000 Euro mehr verdient, wenn er es auch noch mit 3 Prozent Zinsen angelegt hat, hat er 568 000 Euro mehr auf dem Konto."
Jetzt wollen wir mal die Dinge, die der wirtschaftswissenschaftlich Ungebildete ohnehin nicht versteht, beiseitelassen. Also z.B., wieso die 3% Lohnzuwachs pro Jahr nicht zum großen Teil von steigenden Lebenshaltungskosten gleich wieder aufgefressen werden und damit zwar die Zahlen anwachsen, nicht aber die tatsächliche Kaufkraft. All diese Dinge, die den Eindruck erwecken, hier ginge es bloß darum, mit ein paar großen Zahlen Leser zu beeindrucken, die dabei aber wirklich gar nichts mit der Realität zu tun haben - all das wollen wir mal außer Acht lassen. Dann bleibt immer noch die Frage: Wieso eigentlich 360 000 Euro mehr?

Die Dame etwa fängt mit 25 000 Euro im Jahr an. Sie bekommt jedes Jahr 3% mehr im Vergleich zum Vorjahr, und das geht vom 22. bis zum 65. Lebensjahr so, als insgesamt 43 Jahre lang. Im ersten Berufsjahr bekommt sie also 25 000 €, im zweiten 25 000 €・1,03, im dritten (25 000 €・1,03)・1,03 und so weiter und so fort. Da gibt es eine Regelmäßigkeit: im i-ten Berufsjahr bekommt sie 25 000 €・(1,03)i-1. Den gesamten Verdienst im Leben erhält man durch Aufsummieren von i = 1 bis 43. Praktischerweise kann man den in allen Summanden konstanten Wert 25 000 € rausziehen und bekommt das Gesamteinkommen als 25 000 €・∑i=143 (1,03)i-1. Für den Mann im Beispiel muß man nur die 25 000 € durch 30 000 € ersetzen. Und der Unterschied im Lebenseinkommen ist dann die Differenz zwischen dem Ergebnis für den Mann und der Frau. Das sind 5000 €・∑i=143 (1,03)i-1. Die Summe kann man sich einmal ausrechnen (lassen), sie ist etwa 85,484. Und 85,484 mal 5000 € sind nicht 360 000 €, sondern 427 000 €. Und wenn er die Differenz sein Leben lang zu 3% Zinsen anlegen, gibt's für den Mann nicht nur 568 000 € mehr, sondern immerhin über 700 000 €.

Herr Nasher fast seine Erkenntnisse am Ende der Kolumne zusammen mit: "Handeln zahlt sich aus!". Wer weiß, vielleicht schon in ein paar Jahren, falls Herr Nasher weiter forscht und es ihm gelingen sollte, eine studentische Hilfskraft von einer richtigen, steuerfinanzierten Uni abzuwerben, kann er uns bei Focus Online von einer weiteren, neuen Erkenntnis berichten: "Handeln und dabei auch noch rechnen können, zahlt sich noch mehr aus!"


(Nachtrag (17.6.): Der Autor hat sich die Kommentare mal zu Herzen genommen und die Zeugnisse seines eigenen Unvermögens aus diesem Post getilgt...)

13 Kommentare:

  1. Abgesehen davon, dass Prof. Nasher sich wohl verrechnet hat, sind die 360 000 € / 427 000 € nicht das, was der hypothetische Mann mehr verdient als die hypothetische Frau? Dann ist es doch durchaus möglich (wenn auch nicht unbedingt realistisch) das Geld aufs Sparbuch zu packen und von den verbliebenen 25 000 € plus Lohnsteigerung zu leben, bei gleichem Lebensstandard der beiden.

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    1. Hmmmmmm... Auf diese eigentlich gar nicht soooo abwegige Interpretation bin ich gar nicht gekommen. Verdammt, da fliegt sie mir ins Gesicht, die eigene Überheblichkeit, wenn ich mich über das Versagen anderer lustig machen will!
      Als kleiner Trost bleibt mir nur noch, daß auch in diesem Fall die zweite Zahl bei Focus Online falsch ist...

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  2. Zahlen hin oder her, der Herr Nasher hat offenbar keine Ahnung, wie das mit der Stellensuche für Berufseinsteiger ist. Ich glaube kaum, dass es irgendwo in diesem Land viel Verhandlungsspielraum für das Einstiegsgehalt gibt, außer vielleicht in der Werbebranche oder in gewissen Sparten des Banksektors oder so. Die meisten Firmen, da bin ich sicher, lassen da nicht groß mit sich reden. Und wenn man tatsächlich ein paar Tacken raushandeln können sollte, 20% mehr halte ich bei Berufseinsteigern für utopisch. Bei erfahrenen Fachleuten mag das anders sein, aber das frischerworbene Diplom (oder heutzutage der Bachelor oder Master) berechtigt allenfalls zum "take it or leave it". Erwartet wird "grin and bear it".

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    1. Ja,die Lebensferne steckt in allen Ritzen. Allerdings wird auch erwartet, daß man noch erklärt, warum es der eigene Kindheitstraum war, für 25 000 €
      ausgerechnet in diesem einen Unternehmen die Aktenablage zu machen...
      (Eine mir nahestehende Person war einmal gezwungen, sich von einer Zeitarbeitsfirma als Schwangerschaftsvertretung für drei Monate und für deutlich unter 25 000 € für einen Aktensortierjob vorschlagen zu lassen. Und von der Personalerin im Unternehmen wurde sie beim Vorstellungsgespräch tatsächlich gefragt, warum sie ausgerechnet bei ihnen arbeiten wolle...!)

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    2. Naja, die Art der Fragestellung kann natürlich kalkül sein. Aber dass in Bewerbertrainings immer wieder auf der Wichtigkeit der Gehaltsverhandlung herumgeritten wird, ist weltfremd. Und dass man das idiotische Ich-habe-voll-die-Leidenschaft-für-diesen-Job-und-diese-Firma-Spiel noch für die letzte unterbezahlte Beschäftigungsmaßnahme spielen soll, ist nur noch bescheuert. Als ob die Personaler nicht wüssten, dass das sowieso nur Theater ist.

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  3. Die Frau legt ihr Geld doch nicht an. ER legt es an!

    Zumal eine sicherer Anlage zu 3% p.a. für 43 Jahre wohl nur für Business School Absolventen momentan vorstellbar sein dürfte. Aber das ist ein anderes Thema.

    Hat sich der Herr Nasher ja schön zurechtgesponnen, sein Beispiel.

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  4. Ihr seid doch alle nur neidisch und versteht den Herrn Professor wirklich nicht.
    Also, 1: er ist PROFESSOR OF IRGENDWAS! Damit scheidet alle Kritik von euch Unwürdigen gleich aus.
    und 2: Rechnet der Herr Prof. absolut korrekt. So, wie es in der Branche auch üblich ist. Denn er berechnet das Einkommen auch nicht für sich - das ist der springende Punkt - sondern für jemand anderes!

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    1. Das könnte in der Tat der springende Punkt sein! Und da beschweren sich Unternehmen, die Azubis hätten immer weniger Mathematikkenntnisse? Pure Heuchelei!

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  5. "Für FOCUS Online berichtet er selbst über seine Erkenntnisse"

    ... und für den WDR berichtet Dittsche selbst über seine Erkenntnise ...

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    1. Man, das diese frappierende Gemeinsamkeit nicht früher aufgefallen ist! Also, bis auf den Bademantel natürlich...

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  6. Auch wenn ich "etwas" spät dran bin zu Kommentieren, dann doch dass:

    Als ich jung war, also vor etwa 30 Jahren hat mir mein Papa den Unterschied zwischen Mathematik und Wirtschaft erklärt. Als Mathelehrer hat er mal nach vielen Jahren einen Schulkameraden getroffen, der immer einen Niete in der Schule war und nun ein sehr gut gehenden Handeln hatte. Auf die Frage wie er das geschafft habe, wo er doch eine Niete in Mathe war antwortete der Schulkamerad: "Ganz einfach. Ich kaufe Hühner für drei Mark und verkaufe sie dann wieder für sechs Mark. Und von den drei Prozent lebe ich." :)

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  7. Da kann ich nicht widerstehen, diesen Witz über das Studium der Wirtschaft zu erzählen:
    Tünnes fragt Schäl: "Was mach denn dein Sohn jetzt?"
    Schal: "Der studiert jetzt Wirtschaft."
    Tünnes: "Recht hat er, gesoffen wird immer."

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