Sonntag, 16. Dezember 2012

Warp-Antrieb für Kerle

Mädchen entwickeln sich ja generell schneller als Jungen. Das haben mir schon alle versichert, von der Familie bis zur Chefin. Und das gilt nicht nur für's Krabbeln und Laufen lernen, sondern eigentlich für das ganze Leben. Mädchen sind ordentlicher und fleißiger und lernen besser in der Schule und bekommen die besseren Noten und so fort. Das versicherte mir zumindest die Mutter der beiden Kleinen im Haus, nicht ohne ein bisschen versteckten Stolz auf die Tochter, wie mir scheint. Um mir die Überlegenheit meiner Tochter über meinen Sohn in Sachen Schnelligkeit und motorische Fähigkeiten zu demonstrieren, griff sie kürzlich zu einem Experiment:
Sie breitete auf dem Fußboden eine Decke aus. Auf das eine Ende der Decke stellte sie eine Schüssel mit zurzeit in Babykreisen schwerst angesagten Plastiksternen. An das andere Ende der Decke setzte sie die Tochter. Die sah sich sofort neugierig um und dokumentierte die Entdeckung der Sterne mit einem begeisterten "A-Da-Daah!". Sofort schwang sie sich mit einem Strahlen im Gesicht auf alle viere und krabbelte wirklich flink und elegant zu den Sternen, um diese sogleich selig mit ihrem Speichel zu benetzen.
Kurz darauf wiederholte die Mutter den Versuch mit dem Zwillingsbruder. Der starrte die Sterne am anderen Ende der Decke eine Weile an seiner Socke saugend an. Dann viel er plump und mit einem Grunzen auf den Bauch. Und mit vier, fünf schnellen Bewegungen raffte der die Decke mit der Schüssel drauf so weit vor sich zusammen, bis die Sterne direkt vor seiner Nase landeten.
Ok, Mädchen mögen sich schneller entwickeln als Jungs, und sie mögen fleißiger sein und engagierter. Aber am Ende, wenn's drauf ankommt, ziehen die Jungs auf ihrem Hintern sitzend doch noch locker vorbei. Ist das geil, ein Mann zu sein!
Und der Warp-Antrieb für Reisen zu den Sternen wird eines Tages auch von einem Mann erfunden werden, jede Wette...

8 Kommentare:

  1. Sehr pfiffig, der Kleine. Macht sich wirklich gut... :-)

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    1. Ich glaube ja, daß es eigentlich eine Zufallsentdeckung war. Bei den unbeholfenen Versuchen, sich selbst irgendwie nach vorne zu ziehen, kam das Objekt der Begierde auf einmal zu ihm. Aber es ist ja nicht die erste große Entdeckung, die dem Zufall zu verdanken ist, und inzwischen beherrscht er den Trick schon ganz hervorragend! :)

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  2. "Das versicherte mir zumindest die Mutter der beiden Kleinen im Haus, nicht ohne ein bisschen versteckten Stolz auf die Tochter." Oh, wie mich diese weibischen Attitüden langweilen. Eine Bekannte pflegte bei jeder nichtigen Gelegenheit über ihre Tochter zu erzählen, dass diese im Gegensatz zu ihren beiden Brüdern ja schon mit vier Jahren erwachsen gewesen sei. Und eine andere Bekannte zitierte ständig irgendjemanden mit den Worten, dass Männer entweder nie oder sehr spät erwachsen werden. Und jedes Mal, wenn diese Damen solch tiefe Erkenntnisse von sich gaben, natürlich nicht ohne den dazugehörigen leicht nasalen Ton, war es doch so offensichtlich, dass sie weniger ihre Töchter ob ihrer Megaturboreife beglückwünschten als vielmehr jemand anderes: sich selbst. Aber wem erzähl ich das...

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    1. So schlimm wie in den geschilderten Fällen ist es hier zum Glück nicht. Aber es stimmt völlig, mit diesem Lob auf den weiblichen Nachwuchs wollen die Damen eigentlich nur sich selbst loben. Da bleibt als Ausweg immer noch der angemessene Erwiderung "Mein Sohn ist vielleicht nicht so reif wie deine Tochter, aber er hat einen echt riesigen Schwanz". Der Zusammenhang dürfte den Damen zwar nicht klar sein, aber für einen spaßigen Moment ist die Aussage allemal gut.

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  3. Ich weiß leider nicht, was dieser Beitrag hier soll. Das Blog glänzte bis jetzt eher mit kritischen Kommentaren, die sich auf Fakten beriefen und die Absenz jener in den Argumentationen anprangerte. Was ist nun das hier? Eine Anekdote, die Selbstgefälligkeit der Mütter vorführen soll oder den geistigen Witz von Jungen? Ich verstehe die Veralgemeinerungen nicht; die biologischen Gegebenheiten mal beiseite fehlt mir hier die Aussagekraft der Argumente, beziehungsweise die Aussage des Textes selbst.
    Was ich noch viel weniger verstehe ist der letzte Teil. Was soll das denn bitte? Schön, dass du es gut findest ein Mann zu sein, doch den Kontext des wissenschaftlichen Erfolges finde ich hier maximal unpassend gewählt. Warum denkst du, dass der Warpantrieb auf jedenfall von einem Mann erfunden werden wird? Die Argumentation ist doch mehr als schwach. Tut mir leid, aber dieser unqualifizierte Text verschlechtert meine Rezeption des Blogs nachhaltig. Wie sollen wir denn in der Wissenschaft und auf unserem Weg zum Warpantrieb denn vorrankommen, wenn dererlei Aussagen 50% der möglichen Entdecker subtil das Gefühl geben, es erst gar nicht probieren zu brauchen, weil es eh nichts bringt. Wir könnten doch so viel weiter sein, wenn wir nicht die Hälfte der potentiellen Entdecker und Forscher vergraulen würden, weil wir ihnen das Gefühl geben, nicht notwendig zu sein.
    Danke. Nicht.

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    1. Was für eine schöne Kritik! Eigentlich hasse ich es ja, meine eigenen Texte zu erläutern. Aber die Formulierung "dieser unqualifizierte Text verschlechtert meine Rezeption des Blogs nachhaltig" sticht so wunderbar von der eher üblichen Kritik in der Form "So ein Quatsch!" ab, daß ich doch verführt bin, meine Gedanken beim Verfassen des Posts darzulegen.

      Ausgangspunkt ist natürlich das Klischee, Mädchen/Frauen würden sich besser und schneller entwickeln als Jungen/Männer. Darauf möchte ich auf zweifache Weise erwidern.

      Der erste Aspekt betrifft das offenkundige Problem, das man sich mit diesem Klischee einhandelt. Denn selbst wenn sich weibliche Personen schneller entwickeln und formal bessere Leistungen erbringen, so sind doch alle gesellschaftlichen Bereiche ab einer gewissen Stufe an eindeutig männlich dominiert. Offenbar gelingt es Männern, unter Ausnutzung gesellschaftlicher Bedingungen einen Vorteil vor Frauen zu erlangen, ohne unmittelbar im Formalen mit ihnen konkurrieren zu müssen. Im Beispielfall wird die Funktion dieser gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von der Decke übernommen, ohne deren Vorhandensein das männliche Baby mit seinen motorischen Defiziten nicht mit dem weiblichen Probanden hätte mithalten können. Die Bemerkung über meine Freude ein Mann zu sein gründet natürlich nicht in der Leistung des Babys, sondern - bitter ironisch - gerade auf dem Umstand, als Mann erfolgreich sein zu können, ohne in formaler Hinsicht, etwa was Noten oder Studienzeiten angeht, Frauen übertreffen zu müssen.

      Der zweite Aspekt verwendet nicht die Rahmenbedingungen des kleinen Experiments, sondern den Gegenstand des Experiments selber. Die Funktion eines fiktiven Warpantriebs besteht ja darin, die Sterne in Reichweite zu bringen, indem man nicht über den Raum reist, sondern den Raum zwischen dem Reisenden und den angestrebten Sternen faltet, um so eine Abkürzung zu ermöglichen. Dies ist genau das, was das männliche Baby im Text tat: Es gelangte zu den Plastiksternen ohne sich fortzubewegen, indem des den Raum in Form der Decke zwischen sich und den Sternen faltete. Diese Parallele zu einer wissenschaftlich-technischen Fantasie ermöglicht es zwanglos, den Text mit einem weiteren Klischee zu beenden. Der Satz über die Erfindung des Warpantriebs verweist auf das Klischee von Wissenschaft und Technik als typisch männliche Domänen. Auf diese Weise wird das Klischee über weibliche Fähigkeiten am Beginn durch ein Klischee über männliche Fähigkeiten am Ende ausbalanciert. Und in einem kurzen Text ist damit angedeutet, daß Diskussionen über männliche und weibliche Eigenschaften so sehr zwischen Klischees auf allen Seiten gefangen sind, daß alle dazwischen entstehenden Gedanken keine Möglichkeit haben, sich über die Klischees hinaus zu entwickeln.

      Und neben alledem sollte außerdem noch ein amüsant zu lesender Text dabei rumkommen...

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  4. Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Da hab ich es doch tatsächlich geschafft, die Ironie zu übersehen und jetzt muss mir auch noch der Autor des Textes denselben erklären; wie peinlich. Aber so ist das nun mal mit der Ironie im Internet. Ich habe den Text jetzt noch einmal unter einem anderen Licht gelesen und nehme natürlich meine stumpfe Kritik zurück. Um ehrlich zu sein, habe ich mir kurz nach Drücken des Veröffentlichenknopfes gedacht: "Ob du da nicht auf einen Troll reingefallen bist?" Hätte ich mir das mal vorher gedacht...

    Dieser Vorfall ermutigt mich jedoch, vielleicht doch öfter mal Kommentare in Blogs zu hinterlassen, wo ich sonst meine Kritik eher in mich hinein murmle. Wenn man nämlich sachlich bleibt, kann vielleicht sogar eine interessante Debatte entstehen--ganz anders als man das sonst aus der unsäglichen Kommentarkultur gewohnt ist. Danke noch mal, dass du so freundlich auf mich eingegangen bist, vielleicht bringt Sachlichkeit ja doch mehr als ein hingerotztes "So ein Quatsch!".

    Ich muss nun auch zugeben, dass die Warpantriebsmetapher durchaus ihren Charme hat. Lachen kann ich über den Text leider, ob der emotionalen und wichtigen Debatte, immer noch nicht. Genauso wenig wie ich über Frauen-in-die-Küche-Witze lachen kann--ob ironisch oder nicht. Zu leicht kann das missverstanden werden, hat man ja an mit selbst gesehen ._. Das soll dich aber bitte nicht davon abhalten, weiterhin schöne ironische Texte zu verfassen, ich hätte einfach besser aufpassen sollen (gerade wenn es um ein Blog wie dieses geht). Man liest nur in letzter Zeit viel derartigen Unsinn, der kein durchdachter Trollversuch ist, sondern bitterer ernst. In diesem Sinne: Verzeih mit bitte noch mal meine Kurzschlussreaktion.

    Danke. Doch. :)

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    1. Ist ja gar kein Problem.
      Wer von uns noch nie einen Text im Netz mißverstanden hat, der poste das erste *facepalm*! ;)

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