Montag, 7. Mai 2012

Die Rückkehr des "Supermondes"

Jetzt komme ich einfach nicht umhin, ein drittes Mal in diesem Blog über den "Supermond" zu schreiben. Und die Triebfeder ist jetzt purer, ungehemmter Neid. Aber der Reihe nach.
Am letzten Wochenende war wieder ein "Supermond". Das Phänomen ist einfach und schnell beschrieben. Der Mond umkreist die Erde auf einer elliptischen Bahn und kommt so der Erde mal näher, mal ist er weiter entfernt. Dieser Wechsel findet während jeder Erdumrundung durch den Mond statt, also einmal im "Monat". Findet nun der Vollmond zur gleichen Zeit statt wie die größte Annäherung des Mondes an die Erde, dann hat man das, was jetzt "Supermond" heißt. Dieses Zusammenfallen von Vollmond und größter Annäherung an die Erde ist nun kein besonders seltenes oder bemerkenswertes Ereignis. Wie oft und wann es stattfindet, ist eine simple Abzählaufgabe:
Wie man bei Wikipedia nachlesen kann, findet der Vollmond alle 29,53 Tage statt (der "synodische Monat"). Die Zeit zwischen zwei Durchläufen des Mondes durch den erdnächsten Punkt seiner Bahn beträgt 27,56 Tage (der "anomalistische Monat"). Der "Supermond" wiederholt sich also immer dann, wenn ein ganzzahliges Vielfaches des synodischen Monats einem ganzzahligen Vielfachen des anomalistischen Monats gleich ist. Denn dann ist sowohl wieder ein Vollmond, als auch ist der Mond wieder am erdnächsten Punkt seiner Umlaufbahn. Das Verhältnis von anomalistischen zu synodischem Monat ist ungefähr 0,9333. Das ist wiederum etwa gleich 14/15 ≈ 0,9333. Also alle 14 synodischen Monate bzw. alle 15 anomalistischen Monate ist wieder ein "Supermond" - d.h. alle 413,4 Tage. Oder anders gesagt, der "Supermond" ist einmal im Jahr, dabei aber jedes Jahr etwa 48 Tage später als im Vorjahr. 2011 war es der 18. März, dieses Jahr der 6. Mai, und nächstes Jahr wird es der 23. Juni sein.
Was ist nun am "Supermond" so toll? Nichts. Der Vollmond ist zu diesen Ereignissen ein paar Prozent größer als sonst. Aber mal ehrlich, welcher moderne Mensch sieht sich den Mond schon regelmäßig so gründlich an, daß ihm einer solch kleiner Unterschied überhaupt auffallen würde? Und damit kommen wir nun zum ärgerlichen Teil.
Das Wort "Supermond" für dieses regelmäßige und belanglose Zusammenfallen von Vollmond und Erdnähe hat seinen spektakulären Namen von einem amerikanischen Astrologen, der dadurch seine Kaffeesatzleserei etwas aufpeppen wollte. Vollmond ist ja immer irgendwie bedeutungsvoll, nicht? Und Erdnähe klingt ja auch gefährlich, also hat er dieses Zusammentreffen in seine Horoskope eingebaut, ansprechend "Supermond" genannt und damit Naturkatastrophen "vorhergesagt". Das alles war schon 1979, und bis letztes Jahr hatte es in Deutschland kaum jemanden richtig interessiert. Zumindest in den "regulären" Onlinemedien findet sich vor 2011 nichts zu dem Thema. Doch letztes Jahr im März kam Bild.de mit einem ebenso unsinnigen wie alarmistischen Artikel zum Thema. Und dann kam da noch das verheerende Erdbeben vor Japan im März. Und plötzlich gibt es ein Interesse am "Supermond"... Dabei ist das Erdbeben vom 11. März 2011 zugleich auch der eindrucksvollste Beweis gegen die astrologische Vorhersage von Naturkatastrophen durch irgendwelche Supermondastrologie. Hier ist astrologische Einschätzung der Erdbebengefahr im März 2011, der angebliche "Supermondeffekt" eingeschlossen (netterweise hatte der Astrologe Nolle seine Prognose für den März 2011 nicht wieder gelöscht):


Nicht, daß ich von der astrologischen Vorhersagekraft überzeugt worden wäre, wenn das Beben in ein vorhergesagtes Gefahrenfenster gefallen wäre. Doch das es zufällig so wahnsinnig gekonnt daneben liegt, beeindruckt schon.
Mit dem "Supermond" hat man also ein simples, belangloses Phänomen, das, seit wer weiß wie lange etwa all 413 Tage auftritt und dessen Irrelevanz seit seinem ersten zur Kenntnis nehmen in Deutschland 2011 bereits eindrucksvoll belegt ist. Und doch gelang dem Astrologen Nolle allen Scheiterns zum Trotz etwas ganz Beachtliches. Das von ihm für ein banales Ereignis erfundene Wort "Supermond", 2010 noch unbekannt und 2011 nur bei Bild, tauchte dieses Jahr plötzlich nicht nur bei Bild.de, sondern auch gleich noch in der Onlinebrichterstattung der Süddeutschen, der Financial Times Deutschland, von Spiegel, Focus, Standard, n-tv, ZeitWelt, FAZ, u.v.m. auf. Da hatte das taz-blog wohl Unrecht, "Supermond" hat mehr als nur ein paar Tage Konjunktur. Und auf diesen geradezu unglaublichen Erfolg beim Erfinden vollkommen nutzloser Worte bin ich schon gewaltig neidisch!

12 Kommentare:

  1. Haben sich die Maya eigentlich zum Supermond geäußert? Ist das Phänomen weltuntergangsrelevant? Werden Werwölfe bei Supermond wolfiger?

    An die Kristallkugeln, die Herrschaften Astrologen, da besteht noch jede Menge Forschungsbedarf!

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    1. Na, bei "Supermond" gibt's natürlich Superwerwölfe, ist doch logisch! Und bei "Supermond" geschnittene Haare wachsen zu sogenannten "Superhaaren" nach - besonders haarig, und kaum zu spalten.

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    2. Da könnte man doch Kapital draus schlagen: Man bietet den esoterisch fundierten Astrohaarschnitt bei Supermond als nebenwirkungsfreies und im Einklang mit der Lichtwelt (oder so) wirkendes Superhaarwuchsmittel an. Geht auch zur Verbesserung des Bartwuchses. Bloß mit Nasen- und Ohrlochhaaren sollte man vorsichtig sein...

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  2. Man kann aber nur einmal im Jahr damit Kasse machen... Bleibt wohl allenfalls ein Nebenverdienst... :(

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    1. Mag sein. Aber ein bisschen hier, ein bisschen dort, das läppert sich. Kleinvieh macht auch Mist. Man muss halt findig sein, wie der Eberhard von Patent Ochsner (das ist Berndeutsch, habe leider keine hochdeutsche Übersetzung gefunden).

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    2. Das überfordert meine Fremdsprachenkenntnisse dann doch... Aber stimmt, ein bisschen Supermondfrisur hier, ein bisschen energetisiertes Wasser da... ;)

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    3. Ja, ist gewöhnungsbedürftig, klingt aber toll :)

      Die ersten beiden Strophen gehen ungefähr so:

      Ich habe schon lange gesehen, was es zu sehen gibt
      Auf der Welt ist mir keine Stadt mehr fremd
      Ich bin wach, ich bin schnell, ich bin schlau wie ein Fuchs
      Mich haut man nicht so schnell über's Ohr

      Refrain:
      Die Zeit, das Glück und Berge von Geld
      ziehen nicht mehr an mir vorbei
      Ich stehe ganz vorne oder laufe mit
      immer, wenn es irgendwo was gratis gibt

      Ich liege selten auf der faulen Haut
      aber mache nie einen Finger krumm
      Es wächst und treibt, schlägt aus und blüht
      immer wenn ich in der Nähe bin

      (…)

      Das ist doch genau der Typ, der Supermondhaarschnitte als Haarwuchsmittel verkaufen würde, und energetisiertes Wasser als Effektverstärker dazu...

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  3. "Killer-Mond" - ich wünschte, mir wäre sowas eingefallen.

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    1. Wow. Aber FAZ- und FTD-tauglich ist der "Killer-Mond" dann doch (noch) nicht!

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  4. sieht man den vollmond von überall aus?

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  5. Antworten
    1. Naja, der "Supermond" ist ein gewöhnlicher Vollmond. Wenn man einen Vollmond sehen kann, kann man auch einen "Supermond" sehen...

      Gut, genau genommen ist die größte Annäherung des Mondes an die Erde nur ein Augenblick, und genau Vollmond ist nur ein Augenblick. Was man noch als Vollmond und "Supermond" durchgehen lässt - da hat man noch Freiräume. Und Astrologen sind da sehr großzügig! :)

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