Montag, 16. März 2015

Fair play bei der Tagesschau

Bei Tagesschau.de zogen sie heute die Bilanz Olympischer Spiele und wenig überraschend kamen dabei "Putins" Spiele in Sotschi besonders schlecht weg. Natürlich ist es Blödsinn, wenn man bei der Tagesschau die langfristigen Effekte der Spiele in Barcelona 1992 oder gar Tokio 1964 mit den gerade mal ein Jahr zurück liegenden Spielen in Sotschi vergleichen will. Aber das muß ja niemanden davon abhalten, es trotzdem zu tun:
"Wladimir Putins PR-Strategie sah vor, das subtropische Urlaubsparadies in ein ganzjährig besuchtes Sommer- und Winterurlaubszentrum zu verwandeln. Wie viel das am Ende gekostet hat, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Ökonomen schätzen die Ausgaben auf 50 bis 65 Milliarden US-Dollar, womöglich sogar mehr. "Wie viele Touristen müssten jährlich kommen, um das zu kompensieren?", fragt der Ökonom und Olympia-Experte Zimbalist vom Smith College in Northampton."
Hm, keine Ahnung... Da müsste man mal einen Ökonomen und Olympiaexperten fragen?
"Die bittere Wahrheit ist: Vermutlich kommt kaum ein Tourist mehr, stattdessen haben die Olympischen Spiele während der Vorbereitungs- und Bauphase dem Tourismus in Sotschi laut Zimbalist sogar erheblich geschadet."
In der bitteren Vermutung kommt vielleicht kaum ein Tourist mehr. In der zartbitteren Realität aber anscheinend schon. So vermeldeten es denn u.a. die notorischen Putinversteher bei der Welt vor drei Monaten:
"Nach Olympia gab es Zweifel, ob die riesigen Skigebiete um Sotschi künftig rentabel sein würden. Doch nun strömen die Touristen dorthin – Russlands Krise macht für sie den Alpen-Urlaub unbezahlbar."
Und:
"Für die Weihnachtsferien seien alle Hotelzimmer der Wintersportregion um Sotschi zu hundert Prozent belegt, erklärt Sergej Domorat, Vizechef für Tourismusangelegenheiten in Sotschi, der Zeitung "Wedomosti": Und für die gesamte Wintersaison, die in Sotschi am 20. Dezember beginnt und Ende März endet, gehe man von einer Auslastung von 75 bis 80 Prozent aus."
Zum Vergleich, die Bettenauslastungen in Österreich und der Schweiz liegen bei 38.3% und 41.9%. Nach Olympia im Februar der Großer Preis von Russland in der Formel 1 im Oktober, die Schachweltmeisterschaft im November und 75-80% Bettenauslastung in der ersten Wintersaison - das ist doch erst mal ein ganz beachtlicher Start für das post-olympische Sotschi! Aber nicht, daß der Putin sich noch was darauf einbildet, daß seine PR-Strategie aufgeht! Das verdankt der alles nur dem Westen, weil der mit seinen Sanktionen den Rubelkurs so weit gedrückt hat und die armen Russen sich jetzt die Alpen nicht mehr leisten können!
Ach, verdammt, egal was man tut, es nutzt am Ende immer nur dem Feind…!

5 Kommentare:

  1. Die Auslastungsquoten der Schweiz und von Österreich sind Ganzjahreszahlen. Für diese konnte ich bei Hotelbesitzer in Sotschi eine Quote von "Mindestens 30%" finden.
    In Absoluten Zahlen sind übrigens 1,3Mio Touristen mehr gekommen. Diese müssen somit im Schnitt über die Jahre verteilt somit etwa 50.000€ da lassen damit sich das rentiert. Natürlich sind die positiven Sekundäreffekte aber auch die Inflation hier nicht mitgerechnet

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Nur fuer die Schweiz sind es Ganzjahreszahlen, Oesterreich trennt zwischen Sommer und Winter. Das macht aber keinen grossen Unterschied. Und Sochi war schon vor den Olympischen Spielen Sommerbadeort, da sind die Winterzahlen ein besseres Mass fuer die Folgen von Olympia.

      Löschen
    2. Über die Frage, ob sich die Investitionen auszahlen können, kann man jetzt trefflich streiten. Um sie zu beantworten, müsste man aber die Erwartungen kennen, die mit ihnen verbunden waren, denn daran ist der Erfolg ja zu messen. Nun kenne ich diese Erwartungen nicht. Vielleicht kennt sie der Herr Zimbalist, denn der hat gerade ein Buch über Olympia, Fußball-WM und die hohen Investitionen veröffentlicht. Leider wird er aber von der Tagesschau nur mit einer rhetorischen Frage zitiert und nicht mit irgendwelchen Analysen. Auf jeden Fall sind die Erwartungen an die Entwicklung von Sotschi sehr langfristig angelegt: Die Formel 1 dort gibt es an 2014 jedes Jahr, 2018 wird Sotschi Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft sein,… Vielleicht sollte man besser in zehn Jahren noch mal Bilanz ziehen, ob die olympischen Spiele einen Start in eine (wirtschaftlich) erfolgreiche Entwicklung eingeleitet haben werden oder nicht.

      Löschen
    3. Um zu wissen, ob Investitionen sich auszahlen, muss man zunächst einmal ihre Höhe kennen. Und dann muss man wissen, wie viele Touristen kommen, wie viel sie für welche Dienstleistung bezahlen und wie die Kostenstruktur ist. Und wenn man sich dann noch Gedanken gemacht hat, über welchen Zeitraum die Investitionen sich auszahlen sollen, ist man auf einem guten Weg. Und ich vermute, dass man in Russland in dieser Hinsicht einen langen Atem hat.

      Löschen
  2. Wie ging nochmal die Diskussion über die Knechtschaft in der sich Austragungsorte begeben? Und ging es da nicht um Städte die immer noch auf den Eingang der getätigten Investitionen warten, wobei die Einrichtungen mittlerweile vergammeln, was außer Verlusten bei der Austragung auch noch Instandhaltungs- oder Abrisskosten verursacht ?
    Ich glaube, den Kopf der Russen muß Herr Zimbalist sich Gott sei Dank nicht auch noch zerbrechen. Sotchi ist nicht erst seit Olympia ein Tourismusziel und sicher keines wo nur Menschen Urlaub machen, die für die Alpen kein Geld haben...
    Aber in den Qualitätsmedien kommen solche Kommentare gut an, zumal sie ja nicht hinterfragt werden müssen, denn es geht ja um Putin und seine Spiele.
    Wenn wir das nicht mal alles zu spüren kriegen, was heute mit solch ignoranter Dummdreistigkeit zerbrochen wird...

    AntwortenLöschen