Die von Google eingeblendeten Werbeanzeigen sind meist nur nervig ("Günstige Hotels in Helsinki!", nur weil man mal eine e-mail aus Finland bekommen hat), nützlich bisher nie. Heute allerdings war wieder mal eine von denen darunter, die zu ganz spannende Erkenntnissen führen. So sollte ich mich doch mal in "Geomantie - Ganzheitliche Lebensraumgestaltung" unterrichten lassen. Und das spannende daran ist, daß dieser 12-monatige (!) Fernkurs von der Studiengemeinschaft Darmstadt angeboten wird. An die meine ich mich ganz vage zu erinnern, in Form von penetrant lächelnden Gesichtern auf den letzten Seiten von Frisörzeitschriften, die einen für den Realschulabschluß begeistern wollten. Diese Studiengemeinschaft Darmstadt wirbt nun aber auf ihrer Seite mit der staatlich geprüften Qualität ihrer Kurse:
"Alle Fernlehrgänge der SGD sind durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) in Köln geprüft und zugelassen. In einem intensiven Verfahren – geregelt im Fernunterrichtsschutzgesetz von 1977 – prüfen erfahrene Fachleute, ob der Lernstoff vollständig, fachlich einwandfrei und pädagogisch so aufbereitet ist, dass der Kursteilnehmer sein Lehrgangsziel sicher erreichen kann."
Wie aber sieht denn nur das intensive, staatlich geregelte Verfahren mit erfahrene Fachleuten aus, das sicherstellt, daß ich vollständigen, fachlich einwandfreien Lernstoff im Bereich "Geomantie und Ganzheitliche Lebensraumgestaltung" bekomme? Klarer wird einem das auf jeden Fall nicht, wenn man den Lehrstoff genauer ansieht. Denn was sie anbieten ist:
- Grundlagen der Geomantie
Und da sagt einem Wikipedia schon: "Die heutige europäische Geomantie ist eine unwissenschaftliche esoterische Lehre, die sich selbst als „ganzheitliche“ Erfahrungswissenschaft versteht und versucht, die Identität eines Lebensraumes, eines Ortes oder einer Landschaft zu erfassen und diese durch Gestaltung, Kunst oder Raum- und Landschaftsplanung zu berücksichtigen und individuellen Ausdruck zu verleihen." Da freue ich mich ja schon mal auf den "fachlich einwandfreien Lernstoff"!
- Die Lebensenergie: Die Ätherlehre
Die kennt die Wikipedia nicht einmal.
- Orte der Kraft: Heilige Plätze und Stätten
- Radiästhesie (wichtige Technik, wie z. B. das Rutengehen, um Strahlungen und Schwingungen zu erspüren)
Auch da muß ich mal darauf vertrauen, daß die Fachleute sichergestellt haben, daß der Kurs kein relevantes Fachwissen vergessen hat. Und so geht das noch eine ganze Weile weiter. Vieleicht ist es doch hilfreicher, mal nachzusehen, was das Fernunterrichtsschutzgesetz von 1977 denn an intensiven Verfahren festlegt, um einen Kurs staatlich zu prüfen und zuzulassen. Und so steht da in §12 (1):
"Fernlehrgänge bedürfen der Zulassung. Das Gleiche gilt für wesentliche Änderungen zugelassener Fernlehrgänge. Keiner Zulassung bedürfen Fernlehrgänge, die nach Inhalt und Ziel ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen. Der Vertrieb von Fernlehrgängen nach Satz 3 ist der zuständigen Behörde anzuzeigen."
Nein nein nein! Es ist nicht so, daß der Geomantiekurs nur der Freizeitgestaltung und Unterhaltung dient und gar nicht zugelassen werden muß, wie man das jetzt vieleicht denken mag! In der Liste aller Fernkurse der ZFU finden sich im Bereich Freizeitgestaltung solche tollen Kurse wie "Bach-Blüten" oder "Homöopathische Erste Hilfe für Hunde und Katzen", neben "Astrologischer Menschenkunde" und klassischer Homöopathie findet sich aber auch der Geomantiekurs unter den zugelassenen Kursen. Also weiter im Gesetz. So stehen im nächsten Absatz schon die Gründe, die einer Zulassung im Wege stehen. So ist die Zulassung eines Fernlehrgangs zu verweigern, wenn
"1. der Fernlehrgang nicht zur Erreichung des vom Veranstalter angegebenen Lehrgangsziels geeignet ist oder
2. Inhalt oder Zielsetzung des Fernlehrgangs gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verstoßen oder
3. der Veranstalter nicht den Nachweis erbringt, dass eine vollständige, zutreffende und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Unterrichtung des Teilnehmers (§ 16) rechtzeitig vor Abgabe des Vertragsangebots vorgesehen ist, oder
4. die Ausgestaltung der vom Veranstalter vorgesehenen Vertragsbedingungen den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht."
Das klingt jetzt gar nicht so intensiv. Gesetzliche Bestimmungen und Anforderungen gibt es an die Geomantie sicherlich nicht. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sie auch nicht (doof sein ist zwar gefährlich, aber nicht verboten). Da bleibt nur noch, ob das Lehrgangsziel durch den Lehrgang erreicht werden kann. Und wenn das Ziel des Kurses darin besteht, mit der Wünschelrute herumzulaufen und "Im Rhythmus und Zyklus mit der Natur [zu] leben", tja, wer sollte da behaupten, der Kurs könne dieses Ziel nicht erreichen? Schließlich weiß niemand so genau, worin das Ziel denn da genau besteht.
Soviel also zum intensiven Verfahren zur staatlichen Zulassung.
Ich habe mich dann aber doch entschieden, von einer Teilnahme am Kurs abzusehen. Denn beim Durchsehen der Liste mit ZFU-zugelassenen Fernkursen bin ich auf einen viel schöneren Lehrgang gestoßen: "Fachkraft für Schimmelpilzsanierung". Denn da hat man auch mit Lebensraum zu tun, und außerdem weiß man dabei wenigstens, worum es eigentlich geht. Und nach all den Kämpfen mit Chlorwasser im Bad muß einer ja dem armen Schimmelpilz wieder auf die die Beine helfen.
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