Samstag, 30. April 2011

Onlineinteressenexplikationstaxonomie

Jahrhundert für Jahrhundert hindurch hat die Menschheit nach einfachen, praktischen Einteilungen von Menschen gesucht: Kapitalist oder Kommunist, Christ oder Heide, Beatles oder Stones. Natürlich hat keine dieser simplen Klassifikationsschemata je wirklich viel getaugt, bleiben sie doch alle viel zu sehr an der Oberfläche, und erfassen sie das wirkliche Wesen der Menschen nicht.
Doch jetzt hat sich das geändert! Denn es gibt ein einfaches Merkmal, an dem man Menschen wirklich ordnen kann, und wir brauchten erst die sozialen Medien, um auf dieses Merkmal aufmerksam zu werden:
Es gibt die Menschen, die auf ihren persönlichen Profilseiten bei wo-auch-immer.com Dinge, z.B. unter "Was ich mag" auflisten, wie "Schokolade", "Fußball spielen" und "Parties".
Und es gibt die Menschen, die dort Dinge anführen wie "Leckeres Essen", "Gute Gespräche", oder "Freunde treffen".
Und der Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Selbstauskünften ist, hat man ihn erst einmal gesehen, frappierend! Denn ganz sicher gibt es Menschen, die keine Schokolade mögen, die Fußball hassen, und die Parties meiden, wo immer es nur geht. Insofern sagen diese Vorlieben tatsächlich etwas Interessantes, zumindest aber Sinnvolles über die Person aus. Aber gibt es denn Menschen, die leckeres Essen nicht mögen? Schießlich ist Essen gerade dann lecker, wenn man es mag. Und genauso steht es um die anderen Beispiele. Würde jemand sagen, er hasse es, seine Freunde zu treffen? Oder er verabscheue gute Gespräche, und führt lieber Schlechte? Von den Menschen diesen Typs wird also im Grunde gar nichts ausgesagt, außer analytisch wahre Banalitäten.
Das ist es, was die Mitmenschen in zwei fundamentale Gruppen (gut, mit einer unscharfen Grenze...) teilt. Und vor allem, die Unterscheidung der Menschen in solche, die wirkliche Informationen über sich geben, und diejenigen, die nur zirkuläre Banalitäten über sich selbst auflisten, reicht viel tiefer in die Seele der Menschen hinein, als das eine kommunistische Jugendepisode oder gesellschaftlich aufgeprägtes Christentum könnten. Denn warum schreiben manche Menschen nur inhaltsleere Pseudoinformationen in ihre Profile? Wenn ich mal, entgegen meiner zynischen Gewohnheiten, nicht ausschließlich Blödheit dafür verantwortlich mache, sondern auch mal tiefere Gründe und Absichten vermute, dann fällt mir noch ein geringes Selbstbewußtsein als Erklärung ein. Jemand, der es allen recht machen will und sich vor der Ablehnung anderer fürchtet, der wird nur Dinge aufführen, denen jeder zuzustimmen vermag. Und was wäre da besser geeignet, als zirkuläre Banalitäten? Die zweite Erklärung, die mir neben schierer Unreflektiertheit einfällt, ist, daß die betreffenden Personen eigentlich etwas ganz anderes sagen wollen, als sie tun. "Ich mag leckeres Essen" heißt eigentlich "Ich bin ein Genußmensch." Nur, weshalb sagen sie dann nicht, was sie eigentlich sagen wollen? Weil sie unkonventionell sind! Weil sie es nicht nötig haben, den trockenen Zwängen sprachlicher Klarheit zu folgen, sondern weil sie in der Lage sind, kreativ und frei zu denken!
Und diese drei Gründe, Dummheit, Unsicherheit und zur Schau getragene Unkonventionalität, das sind tief verwurzelte Charaktereigenschaften, nach denen man die Mitmenschen einfach sortieren kann. Es wird jetzt den Leser nicht überraschen, wenn ich sage, daß ich eindeutig zur Gruppe der Menschen gehöre, die nur echte Informationen in ihre Liebe-/Hass-Listen schreiben. Aber seitdem ich mir dessen auch bewußt bin, lese ich die Steckbriefe der Playmates des Monats aus einem ganz anderen Blickwinkel!

1 Kommentar:

  1. Meiner Meinung nach steckt dahinter sehr wohl eine Aussage. Natürlich mag jeder gutes Essen. Für manche Menschen hat es aber einen höheren Stellenwert als für andere. Genau dies soll meines Erachtens ausgedrückt werden. Das kann man natürlich in die Kategorie "Genussmensch" stecken. Darunter würde ich aber auch das Sammeln schottischer Single Malts und das Rauchen kubanischer Zigarren einordnen.

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