Hab' ich mich eigentlich schon mal über diese alberne Berichterstattung über Asteroidenvorbeiflüge an der Erde beschwert? Ich glaube schon, aber heute mache ich es noch mal. Denn nächste Woche ist mal wieder einer dieser Tage, an denen die Welt nicht untergehen wird. Der Asteroid 2012 DA14 wird an einem Freitag im Jahr 2013 gaaanz knapp an der Erde vorbei fliegen, aber nicht einschlagen. Das läßt uns
Spiegel Online schon heute, später dann bestimmt auch manch ein anderer, wissen. Und was uns
SpOn noch wissen läßt, ist:
"Kleinere Asteroiden kommen der Erde alle paar Jahre recht nahe." Oh ja, und was "alle paar Jahre" bedeutet, das kann man in der
Spiegel-Berichterstattung selber sehen. In einem typischen Jahr gibt es zwei Artikel über knapp an der Erde nahe vorbei fliegende Asteroiden, z.B. am
4.11.2011 und am
28.6.2011 und am
12.10.2010 und am
13.1.2010 und am
2.3.2009 und am
13.7.2008 und am
29.1.2008 (kann fortgesetzt werden). Die etwa zwei Nahvorbeiflüge pro Jahr scheinen dabei in drei Kategorien zu fallen: "nur wenig außerhalb der Mondbahn", "innerhalb der Mondbahn" und "näher als Satelliten". Und wie oft solche Nahbegegnungen der Erde mit Asteroiden wirklich sind, das erkennt man leicht, wenn man die geringsten Abstände vorbeifliegender Asteroiden mal gegen die Zeit aufträgt (die Daten kommen von
hier). Dabei kann man natürlich nur die
bekannten Vorbeiflüge eintragen, nicht die
Tatsächlichen. Und das sieht dann so aus:
Der Abstand der geostationären Umlaufbahn, auf der gerne Kommunikationssatelliten sitzen, und der mittlere Abstand des Mondes sind zum Vergleich als gestrichelte Linien dazu eingetragen. So vor ungefähr dem Jahr 2000 kannte man nur sehr wenige dichte Vorbeiflüge, und die waren immer noch relativ weit entfernt. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre wurden dann die großen Asteroidensuchprogramme, wie zum Beispiel
LINEAR oder
NEAT, aufgesetzt und nach und nach in Betrieb genommen. Und siehe da, plötzlich kennt man viel mehr und viel dichtere Asteroidenannäherungen! Seit 2004 weiß man schon von acht Vorbeiflügen innerhalb der geostationären Umlaufbahn, und damit "näher als Satelliten". Immerhin ganze 150 Asteroiden kamen der Erde bei ihren Vorbeiflügen bekanntermaßen noch näher als der Mond. Und wenn man mal annimmt, daß solche Nahbegegnungen nicht erst stattfinden, seitdem man nach ihnen sucht, dann kann man getrost davon ausgehen, daß die Erde seit Anbeginn der Menschheit (und viel länger) ständig, mehrmals im Jahr, gaaanz knapp von Asteroiden verfehlt wird. Offensichtlich heißt ein naher Vorbeiflug also gar nichts.
Bei so vielen traditionell harmlosen dichten Vorbeiflügen ist es aber sicherlich gut, wenn doch jedes Mal aufs Neue berichtet wird, gell? Schließlich wird auch jedes einzelne Jahr an Ostern vom päpstlichen Segen "Urbi et orbi" berichtet. Oder jedes einzelne verdammte Jahr in den Silvesterabendnachrichten darauf hingewiesen, daß in Australien das neue Jahr bereits begrüßt wurde. Da sind Asteroiden mit ihren unregelmäßigen Flugdaten geradezu aufregend! Und wenn keine Neuentdeckung dazwischen kommt, dann kann man sich bei
SpOn ja auch schon mal die Termine für die nächsten Erde-knapp-verfehlt-Ereignisse vormerken: Schon am 19. Mai 2012 wird der nächste Asteroid "dichter als der Mond" vorbeifliegen ("Kollisionsgefahr besteht aber nicht!"). Ich freu mich schon drauf, davon zu lesen!
PS: Der rote Punkt im Diagramm zeigt übrigens den einzigen bisher vorhergesagten Einschlag eines Asteroiden auf der Erde, den von 2008 TC3 am 7. Oktober 2008, an. Das war allerdings nur ein kleiner Krümel, von dem einige Brocken in die sudanesische Wüste fielen.
Nachtrag: Es gab hier einige Verwirrung mit dem Datum des von
SpOn erwähnten Asteroidenvorbeiflugs - der ist erst 2013. Ich habe das mal unauffällig korrigiert, in der Hoffung, daß es noch niemandem aufgefallen ist! ;)