Dienstag, 26. Juli 2011

Kotzen mit den Guten

Mit den menschlichen Emotionen geht's ab und an nach demselben Prinzip wie bei einer Impfung: In Reinform kaum auszuhalten, sind sie mit abgeschwächtem Erreger genau das, was man braucht. Manche genießen ihre Angst, solange sie nicht unmittelbar in Gefahr sind, und sehen Horrorfilme. Andere mögen die Jagd und das gejagt werden, und rennen beim Paintball durch den Wald, wo keine ernsthaften Verletzungen drohen. Und ich, ich genieße das intensive Gefühl des Ekels, solange ich nicht körperlich mit dem Auslöser in Kontakt kommen muß. Und da mir Two Girls One Cup (NSFW!) inzwischen zu soft geworden ist, suche ich mir meinen Ekel-Kick immer öfter beim Lesen auf der Achse des Guten. Und wenn es dann noch Gewalt und Tote gibt, wie kürzlich in Norwegen, dann läuft die Achse zur Hochform auf!
So bieten die rotierenden Guten seit gestern Abend gleich zwei wunderschöne links. Im Ersten erleichtert Henryk Broder in der Welt sein Gewissen angesichts der Vorwürfe, den Massenmörder von Norwegen "inspiriert" zu haben. Und die vorwurfsvolle Äußerung an die Adresse manch eines konservativen Publizisten:
"Vielleicht gibt das bürgerlichen Kreisen in Deutschland, die gerne mit vermeintlichen Tabubrüchen kokettieren, auch endlich zu denken."
im Tagesschau-Blog kommentiert Broder mit:
"Das ist so logisch und überzeugend, als würde jemand Kannibalen und Veganer gleichzeitig für den Niedergang der Esskultur verantwortlich machen."
Ja, ähm, Broder, Logik und Denken... Um die Logik hier zu verstehen, bietet die Achse aber gleich den zweiten link an, und plötzlich versteht man, was die mächtigen Achsenmächte des Verstandes unter "überzeugend" verstehen! Denn was tut man, wenn ein Erwachsener auf einer Insel voller Jugendlicher um sich schießt? Genau:
"Wenigstens das Ausmaß solcher Taten –die Zahl der Toten- kann in relativ engen Grenzen gehalten werden: Durch die Aufhebung des Waffenverbots für erwachsene Bürger."
Mehr Waffen her, viel mehr! Denn:
"Hätte der Täter nicht mit Sicherheit gewusst, dass kein einziger Mensch auf der Insel bewaffnet sein würde, dann hätte er das Ganze vermutlich gar nicht erst versucht, jedenfalls nicht alleine."
Vermutlich hätte er es gar nicht erst versucht. Vielleicht aber doch? Offenbar kann sich Frau Ziessler, die Autorin, besser in die Welt eines Amokläufers hinein denken als ich (Und macht sie das nicht schon selbst verdächtig? Ich jedenfalls möchte sie nicht bewaffnet neben mir wissen!). Und sie weiß weiter:
"Insofern gibt es EINEN Punkt, an dem die geistigen Vorgänge im Kopf eines solchen Mordphantasten doch von Interesse sind: Der Punkt, an dem man ihn bereits zeitlich VOR dem Begehen der Tat abschrecken kann, indem er niemals sicher sein kann, wie viele seiner gewünschten Opfer ihm bewaffneten Widerstand leisten könnten—weil der Staat ihnen das Tragen von Waffen nicht verboten hat."
Jaha, genau! Denn wie wir aus den USA, Brasilien und Kolumbien wissen: je mehr Waffen im Umlauf, desto weniger Morde! Und je mehr Denker nach Ziessler'scher Manier, desto mehr Nobelpreise für unser geliebtes Land!
Mann, heute war die Achse des Guten sogar für meine Verhältnisse zu ekelhaft. Ich glaube, ich esse jetzt doch noch ein bisschen Scheiße, um einen angenehmeren Geschmack in den Mund zu bekommen...

6 Kommentare:

  1. Irgendwie hätte ich ahnen können/müssen, dass "Two Girls One Cup" nicht bürotauglich ist... verdammt ;)

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  2. Da habe ich schon auf einen link verzichtet...
    Aber lass' mich wenigstens andere vor demselben Mißgeschick bewahren!
    ;-)

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  3. Wenn ich den Namen Broder nur höre, krieg' ich schon Pickel.

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  4. @ Eugene Faust:
    Das verstehe ich nur zu gut! Ich bewundere den Gleichmut der Menschen, die es schaffen, sich von seinem unerträglichen Unsinn nicht provozieren zu lassen...

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  5. Mag sein, dass mein Hirn nicht vollständig im Broder'schen Maße entwickelt ist, aber mir ist die Logik des Absatzes
    "Wenigstens das Ausmaß solcher Taten – die Zahl der Toten - kann in relativ engen Grenzen gehalten werden: Durch die Aufhebung des Waffenverbots für erwachsene Bürger."
    nicht ganz schlüssig. Ich hebe das Waffenverbot für Erwachsene auf und verhindere somit, dass Jugendliche getötet werden? Weil sich die Jugendlichen, da sie ja Erwachsene sind und somit sich bewaffnen können, dann selbst verteidigen?
    Nun ja, wenn diese Logik funktioniert, dann muss man den Hungernden der Welt eigentlich nur das karge Essen wegnehmen, um somit die Hungersnot zu stoppen, oder? Dann wundert es mich allerdings auch nicht, weshalb die Amerikaner das Kyoto-Protooll ignorieren, denn den Klimawandel kann man ja nur durch erhöhte Umweltverschmutzung bekämpfen. Jetzt macht das Leben wieder für mich Sinn! Lasst mich bei der Industrie Schwarzgelder kassieren, um den Lobbyismus und die Bestechung zu bekämpfen!

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  6. @Pathologe:
    Ja, genauso muß man das sehen! Sie haben die Logik des "Leitmediums für politische Analyse und Kritik" (Selbstdarstellung der "Achse des Guten") verstanden! Ich weiß, am Anfang tut es noch sehr weh, wenn der gesunde Menschenverstand sich dagegen wehrt, so brutal übergangen zu werden. Aber nach einer Weile lassen die Schmerzen nach, und wenn man dann seine Gedanken niederschreibt, bekommt man am Ende noch den Ludwig-Börne-Preis!
    Und Raum für weitere Arbeiten ist da noch allemal. Denn die wichtigste Schlußfolgerung fehlt noch. Der norwegische Attentäter hat ja auch eine Bombe gezündet. Nur linke Kulturmarxisten würden jetzt darüber nachdenken, ob der Zugang zu explosionsfähigem Material erschwert werden muß. Der wahre Intellektuelle weiß natürlich: Der Staat darf seine Bürger im Besitz von Sprengstoff nicht länger einschränken! Denn wenn erst einmal jeder eine Bombe mit sich herumträgt, dann werden potentielle Attentäter so dermaßen abgeschreckt sein, daß sie sich dreimal überlegen werden, ob sie irgendwas in die Luft sprengen wollen!
    (Oh Mann, ich lieeebe die politische Analyse! ;)

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