Wenn man hört, wie strenggläubige
Pastafari konsequenterweise denn Ausruf
Gott sei Dank! in
Monster sei Dank! abändern, dann fällt einem wieder mal auf, wie weit das Christentum sich in die Sprache hineingefressen hat. Und das Deutsche steht damit natürlich nicht alleine da. Im Englischen wünscht man einem Niesenden Gottes Segen (
God bless you!), und wer das bayrische
Grüß Gott! schon immer doof fand, der wird mit dem spanischen
¡Adiós! -
a Dios - kein bisschen glücklicher.
Wenn man sich aber schon daran macht, die christlichen Verschmutzungen der Sprache zu umgehen, dann steht man vor noch viel größeren Aufgaben. Erst mal müsste man wohl auch auf eine lange Reihe von geläufigen Sprechweisen verzichten lernen. Etwa
Die Hände in Unschuld waschen ("Ich wasche meine Hände in Unschuld und halte mich, HERR, zu deinem Altar", Psalm 26.6; "Da aber Pilatus sah, daß er nichts schaffte, sondern daß ein viel größer Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten, sehet ihr zu!", Mt 27.24), oder
Perlen vor die Säue werfen ("Ihr sollt das Heiligtum nicht den Hunden geben, und eure Perlen nicht vor die Säue werfen, auf daß sie dieselben nicht zertreten mit ihren Füßen und sich wenden und euch zerreißen.", Mt 7.6), oder
Sein Licht unter den Scheffel stellen ("Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind.", Mt 5.14), und, und, und...
Wirklich schwierig wird es dann aber erst, wenn es um Worte geht, die es auf Grund des Christentumes gar nicht gibt. So gibt es zwar praktische Worte für solch verzweigte Verwandschaftsketten wie den Bruder meines Ehepartners (
Schwager), oder den Ehepartner des Bruders meines Ehepartners (
Schwippschwager), aber für die doch potentiell viel engere Beziehung zum Vater/Mutter meines Kindes gibt es keine eigene Bezeichnung. Das andere Elternteil kann entweder nur als mein Ehemann/Ehefrau bezeichnet werden, oder, wenig üblich, über den Umweg über das Kind. Offenbar fehlt ein Wort für das andere Elternteil meines Kindes, weil es im christlichen Abendland keine Kinder ohne Ehe geben konnte.
Dieselbe christliche Sexualmoral hat andere Worte völlig deformiert. Ein schönes Beispiel ist der
BH. Im Büstenhalter hinter dieser Abkürzung mag man ja das
Halter noch verstehen. Aber daß der BH ausgerechnet
Büsten hält? In anderen christlichen Sprachen sieht es da nicht viel besser aus. Das englische
bra ist auch eine Abkürzung, gleich für ein ausländisches Wort,
brassière. Dieses französische Wort steht aber keineswegs in Frankreich für einen BH, sondern für ein
Jäckchen. Im Französischen ist der BH ein
soutien-gorge. Und damit eher etwas, das den
Hals unterstützt. Überall scheut man offenbar die Nennung der Titte wie der Teufel das Weihwasser. Der Kontrast zu den Sprachen nichtchristlicher oder spät christianisierter Völker ist umso krasser. Im Chinesischen ist der BH ein
xiōngyī. Und
xiōng ist die Brust und
yī die Kleidung. Ziemlich klar also. Reineren Herzens sind nur noch die Sprecher von Kreolsprachen, wie z.B.
Tok Pisin aus Neuguinea. Dort ist der BH ein
banis bilong susu,
Banis ist die Umschließung,
bilong sowas wie
von ("belong"), und
susu ist der Busen. Und eine Umschließung für den Busen, genau das ist der BH ja letztlich auch.
Es bleibt also noch zuviel zu tun für die Sprachreiniger unter den Pastafari. Ob es einem nun passt oder nicht, das Jahrtausende alte Erbe des Christentums in ihren Sprachen, bis hinein in die Tiefen des Wortschatzes, würden die Europäer auch nach dem Ende des Christentums in Generationen nicht überwinden können.