Mittwoch, 10. März 2010

Spaß in der Kirche

Ich hatte ja angekündigt, noch ein paar Beispiele zur Sexualisierung in der Kirche in den letzten Jahrhunderten nachzureichen. An die mitunter beeindruckend deutlichen Darstellungen in den Kunstmuseen der Welt hat man sich ja schon recht gut gewöhnt. Ich erinnere mich noch gut an den halben Tag, den ich für den Besuch des Prado verwendet habe. Und sechs Stunden lang ging ich gefühlt ausschließlich zwischen Bildern von Nackten, Gefolterten und Toten umher. Aber wenn all der Sex und all die Gewalt erst mal in den Kanon der Kultur aufgenommen sind, scheint man generell gar nicht mehr wahrzunehmen, was in den Kunstwerken eigentlich dargestellt ist. Das aber auch die heilige Mutter Kirche in ihren Eingeweiden Sex- und Gewaltdarstellungen birgt, ist schon interessant zu sehen.
Besonders geeignet ist in dieser Hinsicht wohl das Jüngste Gericht. Da können die Toten aus ihren Gräbern auferstehen - nackt natürlich - und gefoltert werden kann bei Bedarf auch gleich. So etwa in diesem Wandgemälde aus der Kirche Saint-Austremoine in Issoire (Jüngstes Gericht, Ende des 15. Jhd.):Aber vieleicht interpretiere ich das auch ganz falsch. Vieleicht hatten die Darstellungen von nackten Gefolterten im 15. Jahrhundert eine ganz andere Funktion als in den modernen BDSM-Videos. Aber ein anderes Bildnis vom Jüngsten Gericht aus derselben Zeit (Kathedrale Sainte-Cécile in Albi, Jüngstes Gericht, 1496 - 1500) ist mit seiner etwas phantasievolleren Ausschmückung in seinen sexuellen Bezügen noch viel eindeutiger:
Zum Schluß noch mein liebstes Beispiel: Eine harmlose Darstellung der Anbetung des Christuskindes in der Kirche Notre-Dame in Auvers-le-Hamon (Ende 16. Jhd.):
Wenn man sich das Christuskind in der Krippe aber mal genauer ansieht, so erstaunt einen vieleicht doch ein bißchen der, nun ja, Brustkorb:Da scheint es doch so, als daß die sexuelle Aufklärung die sexuelle Phantasie nicht erfunden hat, sondern nur sichtbar gemacht. Das heißt, sie hat sie überall an die Oberfläche gebracht, nur nicht in der katholischen Kirche. Dort führt sie auch heute noch ein Dasein in dunklen Nischen, wie die gezeigten Wandbilder. Und gerade da, wo die sexuelle Aufklärung am wenigsten bewirkt hat, soll sie Mitschuld an der sexuellen Ausbeutung von Schutzbefohlenen sein? Wie schön, daß manche in ihrem Beruf erfolgereich sein können, indem sie nur unverschämten Nonsense ohne Hand und Fuß von sich geben! Gönnen tu' ich das den Berufsgläubischen aber nicht.

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