Sonntag, 27. Oktober 2013

Philosophie des Ballermanns

"Unter den strittigen Fragen, wie Eigennamen nun genau funktionieren, ist beispielsweise: Von welchen Ausdrücken kann denn gerade angenommen werden, daß sie überhaupt Eigennamen darstellen?"
Susan Haack, Philosophy of Logics

"Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache. Und die Bedeutung eines Namens erklärt man manchmal dadurch, daß man auf seinen Träger zeigt."
Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen


Endlich wieder zurück aus dem Urlaub! Familienurlaub auf Mallorca. Und nicht, daß jemand denkt, wir wären mit einem Mietwagen über die Insel gekarrt und hätten uns Olivenbäume mit halbverfallenen Windmühlen daneben angeguckt und irgendwas vom "wahren Mallorca" fabuliert! Nein, S'Arenal, Strandnähe. Ballermann. Die ganze Zeit. Gut, es ist ja nun nicht mehr Saison und recht ruhig da, sonst hätte ich es wohl kaum dort ausgehalten. Aber so habe ich den Ort - ich war das erste Mal dort - schon fast ein kleines bisschen sowas wie ins Herz geschlossen.
Zuerst war ich schon etwas irritiert vom Eindruck, ins RTL2-Programm versetzt worden zu sein: Besoffene Touristen am Strand; Tussis, die lauthals am Handy von der wahren Liebe jener Herren schwadronieren, die ihnen Geld geboten hätten, auf das sie bei ihnen blieben; schmerbäuchige Goldkettenchenträger, die Zwergpudel spazieren führen.
Aber dann fiel mir der Gegenpol zu dieser Welt ein, wie ich ihn vom benachbarten Festland her kenne: jene frühpensionierten Oberstudienratspaare mit Gaudí-Reiseführer, die durch Barcelona latschen und vor jedem Haus mit zu schwülstiger Fassade mit kultiviertem Kennerblick stehen bleiben und sich wohl tatsächlich einbilden, irgendwie dem "Authentischen" auf der Spur zu sein.
"Also, mein Schwiegersohn sagte ja zu mir: 'Hannelore, also Hannelore, den 'Mercat de la Boqueria', den MUSST. DU. GESEHEN. HABEN."
Und auf Malle muß man im "Oberbayern" gewesen sein. Beziehungsweise, muß man beides nicht. Aber wenn man sich gerne zu schlechter Musik besäuft, dann ist das "Oberbayern" wahrscheinlich ein guter Tipp. Und wenn man Obststände für ein bemerkenswertes Zeugnis ach so südländischer Exotik und Lebensfreude hält, dann ist der Markt La Boqueria nicht schlecht.
Ich finde beides gleichermassen bescheuert. Aber im Gegensatz zur bürgerlichen Reise mit ihrem affektierten Kultiviertheitsgehabe will der Ballermann gar nicht erst so tun, als sei er etwas besseres. Und es ist diese entwaffnende, unarrogante Ehrlichkeit, die sogar ein klein wenig Symphatie in mir geweckt hat!
Dennoch, es bleiben hier einige Erlebnisse der Reise aufzuarbeiten.

Am Nachbartisch des Cafes mit Blick aufs Meer sitzt eine andere Familie mit Kind. Es ist ein vielleicht dreijähriger Junge, der gelangweilt zwischen den metallenen Beinen der vielen freien Stühle umherschweift und, bei anderen Gästen angekommen, auf der Suche nach Unterhaltung deren Tische zu inspizieren versucht. Schließlich an unserem Tisch eingetrudelt, bietet er seinen Schnuller freundlicherweise einem der unseren Kinder zum Probieren an. Um unauffällig die Aufmerksamkeiten der Beteiligen in andere Bahnen zu lenken, wird der Junge gefragt, wie er denn heiße. Die Antwort ist ein schnelles, jeden Eindruck eines Zweifels ausschließendes: "Hasi!"
Eine Dame vom Nachbartisch, vielleicht seine Großmutter, dreht sich über ihren deutschen Filterkaffee herüber und meint mit leicht peinlich berührten Ton zu dem Kind: "Also, so ganz stimmt das jetzt ja nicht..."

Und da fragt man sich doch jetzt, wenn jemand spricht und das Wort "Hasi" benutzt und der Junge daraufhin reagiert und sich benimmt, als sei er angesprochen worden - kann man dann nicht mit Fug und Recht behaupten, daß "Hasi" tatsächlich der Name des Kindes ist?

Dienstag, 8. Oktober 2013

Wahrhaft schockierende Bilder

Heute hat das EU-Parlament endlich beschlossen, durch eklige Schockbilder auf Zigarettenpackungen das Rauchen unsexy zu machen. Das kann DWüdW nur begrüßen! Schließlich gehören die Macher von DWüdW selbst zu jenen Zeitgenossen, die ihre Mitmenschen gar nicht penetrant genug dazu antreiben können, endlich genauso vernünftig, gesund und glücklich zu sein wie sie selbst!

Nur - warum immer nur irgendwelche medizinischen Bilder von (Teilen von) Menschen, die aussehen, als seien sie vor 30 Jahren mit nichts als drei Containern Tabakwaren auf einer einsamen Insel gestrandet? Die abstoßenden Folgen des Rauchens reichen doch weit über medizinische Probleme hinaus! Um einer breiten Abschreckung willen wäre eine größere thematische Breite bei der Auswahl der Schockbilder für Zigarettenpackungen dringend geboten!
DWüdW macht schon mal ein paar schockierende Schockbildvorschläge. Selbstverständlich zur freien Verfügung der Tabakindustrie und EU-Politik!